Worte am Weg
Autori
Viac o knihe
AuszugIn einer Zeit zunehmender Infragestellung traditioneller Werte und Lebenssicht, familiärer, allgemein menschlicher wie übergeordneter Bindungen ist die Frage nach der Richtung des Lebenswegs für jeden Einzelnen zur zen-tralen Aufgabe geworden. Dass die Lyrik in ihrer knappen Form Denkprozesse auf den Weg bringen und Ziele defi-nieren kann, ist nicht neu, wird nur oft vergessen zu-gunsten modischer Sprachspielereien, egozentrischer Selbstbeschau und Beliebigkeit. Ilse Pauls arbeitet weder mit künstlich geformten Kon-struktionen, komplizierten Versregelungen oder Spitzfin-digkeiten, noch bedient sie sich einer natürlich gewach-senen Sprache mit vielen Zäsuren. Das erinnert an Dialo-ge, die jeweils nach wenigen Worten innehalten wollen, um auf Antwort zu horchen, eine Rede von Mensch zu Mensch auf gleicher Ebene, manchmal auch vertikal, direkt zum Himmel gerichtet. Oder es geht um Antworten an Mit-menschen, Ratschläge, Aufforderungen, die folgerichtig als schlicht untereinander gesetzte Wortgruppen, wie in einem Gespräch, unmittelbar auf den Leser zukommen: „Lass uns hören / was in allen Dingen wohnt.“ Um zu guten Ge-danken und zu den richtigen Schlüssen zu kommen, zeigt Ilse Pauls das, was ist, den Gang der Natur und die Sehn-sucht der Seele, die auf ihrer Suche nach dem rechten Weg nicht irren will, weiß sie doch, dass die Sanduhr des Le-bens abläuft, und nicht nur das eigene Leben. Die Dich-terin denkt immer auch an die Vielen, die mit ihr sind, an ein geistiges Miteinander: „. der Trauerzug / wallt zum Zypressenhain / am Ende einer Epoche.“