Couch oder Kirche?

'Radikal wie noch nie mit der universalen Frage nach dem Sinn des Lebens konfrontiert' (Willigis Jäger), öffnet sich die heutige Wissenschaft den Bewusstseinsräumen des rational nicht Fassbaren. Die dadurch möglich gewordene Erweiterung und Vertiefung therapeutischer Prozesse ist offenkundig. Aber auch Verunsicherung meldet sich zu Wort: Wird Therapie zum Religionsersatz? Ersetzen Religion und Spiritualität Therapie? Provokant fragt denn auch der im August 2001 erschienene Tagungsband der 8. Basler Psychotherapietage im Titel: 'Couch oder Kirche?'. In diesem Punkt aber sind sich alle Autorinnen und Autoren, ob Vertreter einer bestimmten therapeutischen oder religiös-spirituellen Perspektive, einig: Nicht um ein Entweder-Oder geht es ihnen, nicht um die Verfestigung ideologischer Begrenzungen. Die Rede ist vielmehr von der existentiellen Bemühung um konkrete Möglichkeiten des Zusammenwirkens, der wechselseitigen Durchdringung und des aneinander Wachsens. Wie Eugen Drewermann es formuliert: „Was hat die Religion der Psychotherapie zu sagen, und was kann und sollte die Psychotherapie die Religion lehren?“. So liegt ein Fokus der Beiträge zunächst auf der Klärung der jeweiligen Potentiale, Chancen wie Gefahren, von Therapie und Spiritualität. Über aller Unterschiedlichkeit der zu Wort kommenden Stimmen - und gerade in dieser Bandbreite zeigt sich wieder die besondere Qualität der von perspectiva herausgegebenen 'Bücher füs Leben' -, über aller Bemühung um Integration, über aller Darstellung von der Wesentlichkeit einer transpersonal-spirituellen Dimension von Therapie ebenso wie eines therapeutischen Verstehens religiöser Überlieferung und Erfahrung, wird aber auch eines immer wieder deutlich: Welchen Zugang der Einzelne auch als den bestmöglichen für sich wählen, welchen Weg er auch beschreiten mag, letztlich geht es um die ewige Suche des Menschen nach Sinn. Und in diesem zentralen Anliegen sind, wie Jirina Prekop es erfrischend einfach formuliert, 'sowohl die Theologen als auch die Psychotherapeuten gefragt'. So empfiehlt sich der Band in zweierlei Weise: all jenen, die in Fragen der Begleitung oder eigenen Suche nach neuen Anregungen Ausschau halten, ob von therapeutischer, westlich oder östlich geprägter spiritueller Seite. Aber auch jenen, die über der Fülle der sich darbietenden Wege wieder zur Ruhe kommen möchten, zur Besinnung auf einen wie auch immer zu benennenden Wesenskern. 'Couch oder Kirche?' mit Beiträgen von: Franz Alt, Richard Baker Roshi, Eugen Drewermann, Sebastian Elsaesser, David Gilmore, Anselm Grün, Willigis Jäger, Ingo B. Jahrsetz, Sabine Lichtenfels, Tilmann Moser, Elke von der Osten, Hennung von der Osten, Nossrat Peseschkian, Jirina Prekop, Monika Renz, Peter Schellenbaum, Gerhard Schobel Singer