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Das Imaginäre der Proustschen Recherche

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Marcel Prousts A la recherche du temps perdu wird gemeinhin als Erinnerungsroman gelesen. In euphorischen Auferstehungserfahrungen wird dem Erzähler eine auf immer vergessen und verloren geglaubte Vergangenheit wiedergeschenkt. Aber wie ist es um die Authentizität dieser Erinnerung bestellt und wie stabil ist die über diese Erinnerung gewonnene Identität des Erzählers? Gibt es überhaupt eine Erinnerung ohne ein ihr vorausliegendes und sie prägendes Imaginäres? Das Ich der Recherche ist ein gespaltenes Ich, hin- und hergerissen zwischen Spiritualität und Sinnlichkeit, Sakralität und Profanation, Christlichem und Jüdischem, Hetero- und Homosexualität. Ästhetisch artikuliert sich diese Dezentrierung in einem paradigmatischen Erzählen, d. h. in der potentiell unendlichen Reprise von Themen und Motiven, an deren je anderer Relationierung sich der ›Vereinigungswahn‹ des Imaginären (C. Castoriadis) abarbeitet. Das wird im einzelnen illustriert an so bekannten Motiven wie den Weißdornblüten, denen sich eine bald christliche, bald jüdische Religiosität, ein bald hetero- und bald homosexuelles Begehren ankristallisieren. Immer wieder wird die euphorische Wahrnehmung durchschossen von den dysphorischen Projektionen einer gleich doppelt gebrochenen Erzähleridentität. Reflexionen zur Theorie des Imaginären führen so zu einer neuen Lektüre vermeintlich vertrautester Passagen der Recherche.

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1999

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