Geistliche Restauration
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Viac o knihe
Das Ereignis von 1789 hatte die Geltung eines neuen Menschheitsideals eruptiv zu Bewusstsein gebracht. Es war der Mythos von der Autarkie des Menschen, der letztlich die Auflösung von Kirche und absolutistischer Staatsführung bedeutete. Die angekündigte Befreiung von den tradierten Ordnungen sollte nun nicht nur politische Liberalisierung, Demokratie, Gleichstellung von Minderheiten und Glaubensgemeinschaften, sondern auch den Verlust an Orientierung und Identität fördern. In dieser existentiell bedrohlichen Situation findet die in der Aufklärung «aufgeweichte» Kirche wieder zu sich. Davon zeugen das Aufkeimen des Ultramontanismus um 1800 und die Besinnung der Kirche auf ihre reine geistige Macht. Selbst die Intellektuellen redeten ihr das Wort - die Sprechweisen der Romantik entwickelnd. Zu der Welt aufgeklärter Ideen verhielt sich die Wiederbegründung des Einflusses der Kirche als massgebliches Gegenkonzept. Die Infragestellung der menschlichen Identität, die gerade heute wieder ihre Brisanz in gesellschaftlichen Zerfallserscheinungen (Ehe, Familie, Drogenmissbrauch, Jugendsekten usf.) dokumentiert, verursachte die in alle Lebensbereiche eindringende Bewegung einer Geistlichen Restauration. Zwischen Stolbergs Konversion (1800) und den Kölner Wirren (1837-1838) siedelt sich also das entscheidende Kapitel der neueren und neuesten deutschen (und universalen) Kirchen- und Kulturgeschichte an.