Populismus an der Macht
Autori
Viac o knihe
Populistische Politik braucht Feindbilder – insbesondere im Kampf gegen eine bestehende Ordnung. Sie dienen dazu, ein homogenes, geschlossenes »Volk« zu konstituieren und zu mobilisieren. Wie aber gelingt es dem Populismus, seine Herrschaft zu stabilisieren, wenn er einmal an der Macht ist? Am Beispiel des argentinischen Kirchnerismus veranschaulicht das vorliegende Buch, dass dazu die antagonistisch konstruierte Identität des »Volks« positiv gewendet werden muss. Sie muss als gesellschaftliches Fundament erscheinen, unabhängig vom Konflikt. In diesem Sinne griff die kirchneristische Bewegung während der Fußball-WM 2010 kulturelle Motive auf, um daran die politische Polarisierung lebensweltlich erfahrbar zu machen. Die Inszenierung des damaligen Nationaltrainers, der Fußballikone Diego Maradona, verdeutlicht, so die Autorin, wie dergestalt populare Identität verstetigt und somit unhintergehbar wird. Die Studie analysiert die politischen Debatten während der WM, wertet Interviews mit meinungsprägenden Akteuren aus und zeigt so, wie die Identitätserzählung des Kirchnerismus im Fußball symbolisch (re-)inszeniert wird. Die Ausführungen werden dabei stets rückgebunden an eine kritische, kultursoziologisch informierte Auseinandersetzung mit der Populismustheorie von Ernesto Laclau. Am Beispiel Argentiniens und der kirchneristischen Diskursproduktion zur Fußball-Weltmeisterschaft 2010 veranschaulicht die Autorin, wie populare Identitäten lebensweltlich erfahrbar gemacht werden, indem antagonistische Konfliktlinien mit etablierten Topoi aus dem Repertoire der kulturellen Praxis narrativ verknüpft werden. In populistischen Verstetigungsprozessen werden diese in soziokulturelle Klischeebilder übersetzt, welche die politische Polarisierung unhintergehbar scheinen lassen. Anhand einer narrativen Diskursanalyse der politisierten WM-Debatten und Interviews mit meinungsprägenden Akteuren des diskursiven Spektrums zeigt die Studie auf, wie das Populare im Fußball symbolisch inszeniert wird; wie darin die Identitätserzählung des Kirchnerismus – der kulturelle Kampf um die Erneuerung der »popularen Würde« – reinszeniert wird; und wie diese in der symbolischen Konstruktion Maradonas als stolze Affirmation eines widersprüchlich konnotierten »national-popularen Charakters« veranschaulicht wird, der sich mutig gegen das neoliberale Diktum der Systemanpassung stellt. Die Rückbindung der empirischen Ergebnisse an eine kritische Auseinandersetzung mit der Populismustheorie von Ernesto Laclau ergänzt diese um einen kultursoziologischen Zugang und korrigiert dessen statisches Modell des leeren Signifikanten durch ein dynamischeres Verständnis für die Funktion politisch-kultureller Artikulationen in populistischen Schließungsprozessen.