Vergitterte Aussichten
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Viac o knihe
Gibt es ein Gen, das eine dissoziale Karriere quasi determiniert? Gibt es die Lust an kriminellem Tun? Die Wissenschaft weiß darauf keine Antwort. Was ich allerdings in über 40 Jahren an Sonder- und Förderschulen beobachten konnte, war eine schier unglaubliche Faszination, die von „bösen Buben“ (seltener bis nie Mädchen) ausging, wenn sie aus dem Knast zurückkommen. Es bildete sich ein mehr oder weniger großer Fanclub, der die Entlassenen bewunderte. Je „geiler“ und „cooler“ die Taten, desto höher der Grad der Bewunderung. Einen Perspektivwechsel in die Rolle des Opfers mochte im Rollenspiel kaum jemand dieser Jugendlichen vornehmen. Fast alle jungen Erwachsenen / Jugendlichen, die inhaftiert sind, haben etwas gemeinsam: Sie kommen oft aus prekären Verhältnissen, hatten Gewalt-erfahrungen in der Familie, die oft desolate Strukturen aufweist, hatten früh Kontakt zu Alkohol und Drogen, wohnen in Problemvierteln. Sie alle hatten nicht den rechten Zugang zu Bildung und dadurch reduzierte Chancen auf dem „Verwertungs-“ sprich: Arbeitsmarkt. „Wir nehmen jedes Kind mit“. „Wir holen jedes Kind da ab, wo es steht“. „Wir lassen kein Kind zurück“. Diese und ähnliche Sprüche sind beliebte Politiker-Äußerungen, besonders gern zu Wahlkampfzeiten geäußert, aber leider oft hohle Phrasen. Ein weiteres Merkmal mehrerer inhaftierter junger Männer ist die Tatsache, dass sie von Hauptschulen oder „besonderen“ Schulen kommen, die in chronologischer Folge diese Namen trugen: Hilfsschule, Sonderschule z. B. für Lernbehinderte, Erziehungshilfebedürftige, Sprachbehinderte u. a., Förderschule mit dem Schwerpunkt., Kompetenzzentrum o.ä. Dann kam in den 70ern die Integration, seit wenigen Jahren die Inklusion. Gut gemeint heißt nicht unbedingt gut gemacht. Kostenneutral geht Inklusion ohnehin nicht.