Die Paradoxie des Städtetourismus: zwischen Massentourismus und Individualität
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Viac o knihe
Die Untersuchung thematisiert touristische Praktiken anhand der städtetouristischen Destination Berlin. Sie möchte für den in den letzten Jahren deutlich zunehmenden Massentourismus in Berlin, im Zeitalter der durch Individualismus gekennzeichneten Postmoderne, eine plausible Erklärung abgeben. Dabei beginnt die Arbeit mit einer Analyse verschiedener Reiseführer (N = 5) mit dem Ziel, die touristischen Orte und Praktiken in Berlin systematisch zu identifizieren und deren konstruktive Leistung zu erfassen. Auf dieser Folie wird dann im empirischen Teil der Arbeit versucht, mittels GPS-Daten-Analyse von 300 Touristen und einer Fragebogenauswertung mit N = 498 konkret aufzuzeigen, an welchen Orten diese Touristen welche Praktiken durchgeführt haben. Zu diesem Zweck kombiniert die Arbeit drei voneinander unabhängige Methoden miteinander: Reiseführeranalyse, GPS-Daten-Analyse und Fragebogenauswertung. Auf diese Weise werden durch GPS-Tracker Raumdaten von Berlintouristen systematisch erfasst, mittels Fragebogenanalyse differenziert und in Rückbindung an die Reiseführeranalyse die Handlungsmuster von Touristen erklärt. Eine bedeutende Rolle in der Untersuchung nimmt dabei der Zusammenhang zwischen touristischen Praktiken und Orten ein. Diese Verbindung von raum- und personenbezogenen Daten wird anhand des Beispiels Städtetourismus in Berlin erstmalig durchgeführt. Diese Dissertation weist nach, (1) dass die Stadt Berlin als touristische Destination eine deutliche Konzentration auf bestimmte Stadtteile erfährt (z. B. Neue Mitte). Der Nachweis wird hierbei durch empirische Datenerfassung bewerkstelligt, wobei (2) die zurückgelegten Laufwege der Touristen anhand von graphisch visualisierten Mobilitätsmustern Folgendes aufzeigen: Die touristischen Laufwege gleichen „Ameisenstraßen“, die eine besonders hohe Konzentration in Berlin Mitte besitzen, was die Analyse der Reiseführer erahnen ließ, bestätigt der empirische Teil eindrücklich. Der (3) beobachtete Zusammenhang zwischen Praktiken und Orten wird dabei auf verschiedenen Ebenen (Text-, Personen- und Raumebene) untersucht. Es konnte darüber hinaus anders als in der bisherigen Forschung gezeigt werden, dass (4) touristische Praktiken für die Differenzierung von GPS-Daten eingesetzt werden können und (5) hierfür die Hauptkomponentenanalyse als exploratives statistisches Verfahren erfolgreich für die Differenzierung der GPS- und Fragebogendaten eingesetzt werden kann. Der dabei (6) offengelegte paradoxe Zusammenhang zwischen einerseits Individualismus und andererseits Massentourismus wird im Laufe der gesamten Arbeit thematisiert und schließlich aufgelöst. Die Entparadoxierung besteht darin, dem konsumierenden Touristen Gestaltungspotential zuzuerkennen. Dieses Potential lässt sich nicht nur bezüglich der individuellen touristischen Praktiken an bestimmten Orten konstatieren, sondern bestimmt auch auf Grund des massenhaften Erscheinens individuell agierender Touristen das Stadtbild Berlins und hier vor allem Berlin Mitte. Die Dissertation ist in theoretischer Hinsicht zwischen (i) Giddens, (ii) Beck und (iii) Bourdieu verortet. Dabei wurde die Zielsetzung verfolgt, deren Überlegungen zu (i) Handlung und Struktur, zu (ii) Globalisierung, Postmoderne und Individualismus sowie zum (iii) Habitus und zu Praktiken sinnstiftend zusammenzuführen und in einer empirischen Überprüfung im Rahmen der Tourismusgeographie anzuwenden. Die vorliegende Arbeit basiert auf einer Datengrundlage von N = 498 Fragebögen, N = 300 GPSTracks sowie fünf analysierten Reiseführern