Barocke Bildkulturen
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Giambattista Marino hat mit La Galeria (1619) den ersten neuzeitlichen Zyklus von Dichtungen über Werke der bildenden Kunst geschaffen. Mit 18 Drucken im 17. Jahrhundert gehörte das Werk zu den bekanntesten lyrischen Zyklen seiner Zeit. Der von Rainer Stillers und Christiane Kruse herausgegebene Sammelband macht die besondere Aktualität sichtbar, die die Galeria im Kontext der gegenwärtigen Bild-Text-Diskussion gewinnt. Im interdisziplinaren Zugang von Literatur- und Kunstwissenschaft werden über den hinlänglich diskutierten „paragone“ hinaus insbesondere der zum Verständnis barocker Kunst spezifische bild- und rezeptionstheoretische Gehalt der Galeria erschlossen. Das neue Erkenntnisinteresse an der barocken Bildkultur erfordert einen bildwissenschaftlichen und kulturanthropologischen Zugang, den Marinos Text im Dialog mit den in ihm rezipierten bzw. fingierten Kunstwerken wie kein zweiter eröffnet. Die Schnittstellen dieses Dialogs sind die Bilder und der Mensch als Bilder rezipierendes Subjekt. Die imaginierten Bilder und ihr doppelter Bezug zur Medialität, den die Galeria durchgängig thematisiert, werden an die im Text aufgerufenen (realen oder fingierten) Kunstwerke (Gemälde, Skulpturen usw.) gebunden und im poetischen Text fixiert. Diese doppelte Medialität der Bilder ist die Voraussetzung für das neue Potenzial barocker Bildlichkeit, das dem Rezipienten das Kunstwerk mit seiner ganzen Leistungsfähigkeit über den lyrischen Text nicht nur visuell-imaginativ, sondern auch emotional-körperlich erschließt. Die kulturanthropologische Bedeutung des Textes liegt somit in der Zentralstellung des Subjekts, das über den Rezeptionsprozess von Werken der bildenden Kunst die machtvolle Wirkung der Bilder erfährt.