Beiträge zur interkulturellen Zeitdiagnose
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Viac o knihe
Nicht nur bekannt und viel zitiert, sondern auch wirkungsmächtig in der nachfolgenden Geschichte der Philosophie ist die Stelle aus Hegels Grundlinien der Philosophie des Rechts, in der er zur folgenden Feststellung kommt: „Um noch über das Belehren, wie die Welt sein soll, ein Wort zu sagen, so kommt dazu ohnehin die Philosophie immer zu spät. Als der Gedanke der Welt erscheint sie erst in der Zeit, nachdem die Wirklichkeit ihren Bildungsprozeß vollendet und sich fertig gemacht hat. Dies, was der Begriff lehrt, zeigt notwendig ebenso die Geschichte, daß erst in der Reife der Wirklichkeit das Ideale dem Realen gegenüber erscheint und jenes sich dieselbe Welt, in ihrer Substanz erfaßt, in Gestalt eines intellektuellen Reichs erbaut. Wenn die Philosophie ihr Grau in Grau malt, dann ist eine Gestalt des Lebens alt geworden, und mit Grau in Grau läßt sie sich nicht verjüngen, sondern nur erkennen; die Eule der Minerva beginnt erst mit der einbrechenden Dämmerung ihren Flug“.1 Ebenso bekannt, viel zitiert und wirkungsmächtig ist allerdings die These, mit der Karl Marx einen anderen Horizont für die Aufgabe der Philosophie in der Geschichte forderte, als er lapidar feststellte: „Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kömmt darauf an, sie zu verändern“.2 Um diese zwei Feststellungen hat sich – wie bekannt ist – eine lange, immer wieder aufbrechende Debatte um Verständnis und Funktion der Philosophie entfacht. Aber darauf kann in diesem kurzen Vorwort nicht eingegangen werden. Dies war auch nicht beabsichtigt. Die Ansichten von Hegel und Marx stehen vielmehr deshalb am Anfang dieses Vorworts, weil sie die Tradition bzw. den philosophiegeschichtlichen Hintergrund des Philosophieverständnisses, das die im vorliegenden Band gesammelten Beiträge inspiriert, verdeutlichen.