Die Constituta legis et usus von Pisa (1160)
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Obwohl seit nunmehr zweihundert Jahren das strenge Auge der Wissenschaft über den Constituta legis et usus wacht, ist über den Inhalt und die rechtspraktische Bedeutung dieser Gesetzbücher wenig bekannt. Zwar wurde immer wieder auf die überragende Bedeutung beider Gesetzbücher für die italienische Stadtgeschichte, die mittelalterliche Rechtsgeschichte und die Geschichte der Kodifikation schlechthin hingewiesen. Der Heidelberger Historiker Peter Classen pries die Constituta als „eine der bedeutendsten Kodifikationen des hohen Mittelalters“, Thomas E. Marston nannte sie das „älteste bekannte Recht eines italienischen Stadtstaates“, Adolf Schaube erkannte in ihnen sogar das bedeutendste Gesetzbuch, das „Italien im Mittelalter hervorgebracht“ hat. In dieser Arbeit sollen die Entstehungsbedingungen und die Entstehungsgeschichte der Constituta legis et usus noch einmal eingehend beleuchtet werden. Zu fragen ist dabei, in welchem Verhältnis die Rechtspraxis und die kommunale Rechtssetzung zueinander standen: Wurden die Constituta legis et usus niedergelegt, um eine bereits bestehende richterliche Tätigkeit zu unterstützen, oder wurde mit dem Gesetzbuch die Grundlage geschaffen, auf der die kommunalen Richter erst tätig werden konnten? Welche Bedeutung hatte die Rechtswissenschaft für die Gesetzgeber, wie stand es um den Einfluß der kommunalen Machthaber? Neben diesen allgemeinen Faktoren besteht der besondere Reiz der Constituta legis et usus daraus, daß hier nicht – wie in anderen städtischen Statuten60 – Gewohnheitsrecht und Schriftrecht miteinander zu einem Statut vermengt wurden, sondern in getrennter Form beibehalten wurden. Damit ist nicht nur zu fragen, warum die Trennung auch in der geschriebenen Form beibehalten wurde, sondern auch, wie sich die beiden getrennt niedergeschriebenen Rechtsmassen im Vergleich zueinander entwickelten. Vor allem aber ist dieser Arbeit das Ziel gesetzt, die Quelle rechtswissenschaftlich zu erschließen. Die Erschließungstätigkeit bestand vor allem darin, die Regelungen der Constituta zu übersetzen, zu interpretieren und zu systematisieren. Angesichts eines über dreihundert Seiten starken Regelungstextes kann diese Erschließung per se nicht abschließend und endgültig sein, sondern nur als ein erster kleiner Schritt zur Annäherung an eine große, vielfältige und geheimnisvolle Quelle.