Ach, Austria! Verrücktes Alpenland
Autori
Viac o knihe
1910 kam jeder vierte Wiener aus den böhmischen Ländern, die damals zur k. u. k.-Monarchie gehörten, heute ist jeder Sechste der 8,3 Millionen Einwohner nicht hier, sondern jenseits der Grenzen geboren. Und so ist Österreich, zwei Jahrzehnte nach der historischen Wende, kein von oben erdachtes Kunstgebilde, sondern ein realer, zum Leben erwachter gesellschaftspolitischer Kosmos: das vereinte Europa. Sollte man meinen. Doch Österreich wäre nicht Österreich, wenn der erste Eindruck nicht gleich wieder korrigiert werden müsste, wenn das eine Charakteristikum das andere nicht wieder aufheben würde, wenn einer These nicht umgehend die relativierende Antithese folgte. Denn paradoxerweise ist Europa trotz des (segens-)reichen Völkermixes in den Köpfen der meisten Österreicher gar nicht existent – und wenn, dann allenfalls als Projektionsfläche für Ablehnung, Vorurteile, Negativ-Assoziationen. Dass das Land keine uneinnehmbare Festung ist, in der ausschließlich Österreicher beheimatet sind, sondern Teil einer bunten, polymorphen Staatengemeinde, in der, bis auf wenige Ausnahmen, fast jeder überall zu Hause sein kann, scheint sich selbst in der österreichischen Hauptstadt, immerhin Sitz zahlreicher internationaler Organisationen, nicht bis in jeden Winkel herumgesprochen zu haben. Europa – das ist für viele eine weit entfernte, unbekannte Galaxie, in der andere Völker beheimatet sein mögen, nicht aber man selbst. Österreich ante portas. Verrücktes Alpenland!