Lehrerbildung und szenisches Verstehen
Autori
Viac o knihe
Vor allem in Konfliktsituationen gelingt es uns als Lehrer oft nicht, pädagogischsinnvoll zu reagieren. Dies liegt weniger daran, dass wir die Handlungsoptionen bzw. Lösungsstrategien nicht kennen würden, die uns die entsprechende Fachliteratur vorschlägt, sondern vielmehr daran, dass unter Handlungsdruck Verhaltensimpulse wirksam werden, die sich solchen strategischen Erwägungen prinzipiell entziehen. Insofern befremden uns diese Impulse, weil wir zugleich ihre emotionale Bedeutsamkeit spüren und die fatale Tendenz, Konflikte zueskalieren statt sie abzubauen. Oft hebt selbst äußerlich funktionsgerechtes Handeln diese Irritation nicht auf, weil wir es nicht als authentisches Tun erleben, sondern als von unseren Gefühlen abgetrennte Mechanik. Deshalb gehört es zur Professionalisierung von angehenden Lehrern, sie zu befähigen, die bewusstseinsferne Dynamik von Schul- und Unterrichtsszenen wahrzunehmen bzw. die eigenen bewusstseinsfernen Verhaltenstendenzen zu ertasten und mit ihnen umgehen zu lernen. Dieses Buch stellt einerseits ein konkretes Konzept vor, das diesem Ziel verpflichtet ist, andererseits trägt es durch die vielen szenischen Fallschilderungen und ihre Interpretation unmittelbar dazu bei, dass im Prozess der Lektüre je eigene Vorstellungswelten reflektierbar werden. Es ist insofern zugleich ein theoretisches Buch - denn es begründet die Relevanzpsychoanalytischer Selbstreflexion - und es ist ein praktisches Buch - denn es dokumentiert in vielen Fallschilderungen Schul- und Unterrichtsszenen und regt durch die anknüpfenden Interpretationen unmittelbar zu einer Selbstvergewisserung an. So ist es letztlich theoretisch, konzeptionell wie praktisch dem Anspruch verpflichtet, den Freud in die Formel fasste: Wo Es war, soll Ich werden.