Engagierte Literaten
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In Europa diskutieren Schriftsteller schon über das Ende ihres öffentlichen Engagements. Dass Autoren wie einst Günter Grass gar die Werbetrommel für eine bestimmte politische Partei rühren, gilt heute als verpönt. Das Gefecht zwischen Geist und Macht erscheint als ein Kapitel der Vergangenheit. Aber es gibt noch immer Schriftsteller, die nicht geneigt sind, das politische Feld den „Profis“ zu überlassen. Das Buch „Engagierte Literaten“ versammelt Schriftsteller, die als Citoyens zu den öffentlichen Dingen Stellung nehmen. Es präsentiert politische Gespräche mit Autoren, die pointiert das Zeitgeschehen kommentieren und sich von Fall zu Fall gar - mit dem Gewicht ihres Worts - mitten in die politische Auseinandersetzung mischen. Zugleich reflektiert der Sammelband die Rolle von Schriftstellern, von Intellektuellen überhaupt, in ihrer Gesellschaft. Drago Jancar und Claudio Magris etwa debattieren über die Entwicklung des vereinten Europa. Der Bosnier Dzevad Karahasan drückt seine Sorge über den Brandherd Balkan aus. Die Israelis Amos Oz und David Grossman zeigen, dass sich der Friedensprozess im Nahen Osten auf ganz dünnem Eis bewegt. Literaten seien Brückenbauer, sagt der Pole Andrzej Szczypiorski. Tatsächlich können die Wortmeldungen der Literaten dazu beitragen, den anderen oder eine politische Situation besser zu begreifen. Das ist der Fall, wenn Barbara Frischmuth unser Verhältnis zur islamischen Welt beschreibt; oder wenn Erich Hackl die Krise des von ihm neu entdeckten Kontinents Lateinamerika analysiert. Schriftsteller beleuchten mit ihren politischen Kommentaren konturenscharf die Probleme eines zerrissenen Planeten. Das gilt für Nuruddin Farah aus Somalia, der den Nord-Süd-Konflikt schildert; aber auch für den japanischen Literaturnobelpreisträger Kenzaburo Oe, der die Abschaffung der Atomrüstung fordert. Aufschlussreiche Querverbindungen in der internationalen Politik werden sichtbar, wenn der Chilene Antonio Skarmeta die Lage in seinem Heimatland unter der Diktatur Pinochets mit jener des Iraks unter Saddam Hussein vergleicht („Der furchtbare Blick in die Folterkammer“). Ein Buch, das zum Weiterdiskutieren über Weltzustände anregen soll.