Oblomov-Fiktionen
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Es gibt nur wenige Figuren aus der russischen Literatur, die eine ähnlich große internationale Bekanntheit erlangt haben wie der Titelheld des Romans Oblomov von Ivan Aleksandrovic Goncarov. Das Werk, das im russischen Realismus entstand, zeichnet ein vielschichtiges Porträt des antriebsarmen Gutsbesitzers Il'ja Il'ic Oblomov, der die meiste Zeit im Liegen verbringt. Trotz einiger Unterstützungsversuche seines deutsch-russischen Jugendfreundes Andrej Štol'c und seiner Verlobten Ol'ga Il'inskaja gelingt es Oblomov nicht, sich zu einer aktiveren Haltung durchzuringen und seine hoch fliegenden Lebenspläne in die Tat umzusetzen. Statt dessen bleibt er passiv und verbringt seine Tage mit Essen und Schlafen, bis er mit Anfang vierzig einem Schlaganfall erliegt. Obwohl seit dem ersten Erscheinen des Romans im Jahre 1859 nahezu anderthalb Jahrhunderte vergangen sind, scheint Goncarovs Protagonist von zeitloser Aktualität zu sein. Ungeachtet aller äußeren wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Veränderungen hat er Generationen von Lesern in seinen Bann geschlagen; derzeit lassen sich keine Anzeichen dafür erkennen, dass sich dies in absehbarer Zeit ändern wird. Dabei decken die Rezipientenmeinungen über die Figur ein erstaunlich breites Spektrum zwischen Idolisierung und Perhorreszierung ab. So ist Oblomov für die einen ein leuchtendes Vorbild der Unkonventionalität oder eines spirituellen Lebensentwurfes, während andere in ihm ein abschreckendes Beispiel geistigen und sozialen Verfalls sehen. Schümanns Studie gibt einen Überblick über wesentliche Stationen der kritischen Rezeption des Romans und zeigt zudem, auf welch vielfältige Weise Goncarovs Figur auch außerhalb des herkömmlichen Literaturbetriebs fortlebt (z. B. in den Namen von Kneipen). Den Schwerpunkt der Arbeit bilden die exemplarische Analyse und der Vergleich von zehn einzelnen künstlerischen Werken aus dem deutschsprachigen Raum, die auf Goncarovs Roman zurückgreifen. Die untersuchten Beispiele stammen aus den Bereichen Prosa, Drama, Radio sowie Film und Fernsehen. Unter den Autoren dieser „Oblomov-Fiktionen“ sind bekannte Namen wie Paul Nizon und Franz Xaver Kroetz, während andere, etwa Jörg Michael Koerbl oder Christoph Martin, teilweise zu Unrecht bisher wenig Beachtung fanden. Ein Anhang mit einigen Autorenkommentaren, eine Übersicht der bisher bekannten Olomov-Dramatisierungen sowie ein umfangreicher Namensindex beschließen den Band.