Franz Kafka und der Mann ohne Schatten
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Viac o knihe
Im Herbst 1916 gerät für einige Wochen Chamissos „Schlemihl“ ins Zentrum von Kafkas Briefen an Felice Bauer. Felice steht im Begriff, sich im Jüdischen Volksheim Berlin als Erzieherin zu engagieren. Sie hat vor, die Arbeit mit den ihr anvertrauten Mädchen mit der gemeinsamen Lektüre von Chamissos Erzählung zu beginnen. Nach Kräften unterstützt Kafka sie bei diesem Vorhaben. Vor allem der „Beziehungsreichtum“ von Chamissos seinerzeit ungemein populärer Erzählung käme nach Kafkas Auffassung dem pädagogischen Zweck zugute, den Felice verfolgt. Ebenso behutsam wie nachdrücklich verschränkt Dietmar Schings in seinem Essay die Lektüre von Kafkas Briefen mit der des „Schlemihl“. Dabei entpuppt sich die „wundersame Geschichte“ vom Mann ohne Schatten zunehmend als ein von Kafka an Felice gerichteter „Brief im Brief“, der geradezu die Züge eines Bekenntnisses annimmt. Chamissos Erzählung ist die Geschichte eines Verlusts und erscheint zugleich doch auch als die Geschichte einer Befreiung. – Von einer anderen Seite zeigt Schings Kafka in seinen Notizen über den Kinogeher. Kafka ist fasziniert von dem neuen Medium, läßt sich von ihm bisweilen sogar zu Tränen hinreißen. Doch die Wirklichkeit, nach der Kafka verlangt, ist eine andere als die, die der Kinematograph ihm liefert.