Melsungen

900 Seiten pralles Mittelalter überschrieb Th. Stier die Doktorarbeit des Historikers Dieter Wolf, seit 1986 Leiter des Museums und Stadtarchivs Butzbach, in einem ausführlichen Artikel der Hessisch-Niedersächsischen Allgemeinen. Breit angelegt ist zweifellos diese historische Detailstudie über die Bautopographie, Gründung, Weiterentwicklung, Verfassung, Sozial- und Wirtschaftsstruktur der nordhessischen Kleinstadt Melsungen im späten Mittelalter. Melsungen an der Fulda war 1465 mit knapp 950 Einwohnern eine kleine Landstadt im Territorium der Landgrafen von Hessen. Was Wolf zu Melsungen und seinen ebenso großen Nachbarstädten ermitteln konnte, mag typisch sein für einen im Mittelalter weit verbreiteten Stadttyp, über dessen Strukturen und Lebensformen bisher jedoch nur selten so detailliert geforscht wurde wie hier. Die umfangreiche Arbeit bemüht sich durch die sehr genau und detailreich geführten Untersuchungen der „mittelgroßen“ Kleinstadt Melsungen und mehrerer benachbarter Kleinstädte, das allgemeine Defi zit an exemplarischen unddetaillierten Studien zur spätmittelalterlichen Kleinstadt im deutschen Raum etwas auszugleichen. Facettenreich, lebendig, differenziert und quellennah wird von Dieter Wolf die Entwicklung der niederhessischen Kleinstadt Melsungen vom späten 12. bis zum frühen 16. Jahrhundert beschrieben. Der Autor stellt dabei sowohl die Bautopographie innerhalb und außerhalb des befestigten Gemeinwesens ausführlich dar wie alle erkennbaren Hinweise auf die politische Entwicklung dieser Stadt innerhalb des territorialen Gefl echts der Landgrafschaft Hessen (seit 1247) und der vielfältigen Beziehungen zu den Nachbarstädten und - burgen des Stadt- und Landesherrn. Minutiös beschrieben werden die besitz- und territorialpolitischen Konfl ikte sowie die vielfältigen Funktionen als landgräfl icher Verwaltungssitz. Der Verfasser bemüht sich weiterhin, sorgfältig die Sozial-, Wirtschafts- und Gewerbestruktur der kleinen Landstadt zu rekonstruieren. Das dreibändige Werk bringt uns durch die besondere Art seiner Darstellung auch das Alltagsleben des Mittelalters im Hessischen, das Leben der „großen und kleinen Leute“, näher.