Konfliktführung im Iwein des Hartmann von Aue
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Viac o knihe
Für den mittelhochdeutschen Artusroman um 1200 nehmen die Werke Hartmanns von Aue eine Schlüsselposition ein. An ihnen wurden von der frühen Forschung die grundlegenden Erklärungsmodelle entwickelt, die zu einem großen Teil bis heute ihre Gültigkeit bewahrt haben. Vor allem das Strukturmodell des sogenannten Doppelten Kursus und die damit zusammenhängende moralische Entwicklung des jeweiligen Romanhelden genießen bis in die jüngste Zeit hinein nahezu dogmagleiche Anerkennung. Vorbehaltlos wurden die hauptsächlich am Erec Hartmanns erarbeiteten Interpretationsmodelle auch auf den Iwein angewendet. Erst der jüngeren Forschung sind dabei eklatante Unstimmigkeiten aufgefallen, die die alten Erklärungsmodelle ins Wanken geraten und sich für den Iwein in wenigen Fragen zusammenfassen lassen: Durchläuft Îwein tatsächlich eine moralische Entwicklung, die ihn zu einem besseren Artusritter werden läßt? Läßt sich die von der älteren Forschung postulierte Annahme einer Schuld des Helden, die er im Laufe des Romanes zu büßen habe, aufrecht erhalten? Spiegelt sich diese Sühnefahrt Îweins wirklich im Aufbau des Romanes in Form des sogenannten Doppelten Kursus wieder? Die vorliegende interdisziplinäre Untersuchung zeigt, dass all diese Fragen bei genauer Überprüfung des Textes verneint werden müssen und die gängigen für den Iwein Hartmanns von Aue entwickelten Interpretationsmodelle kaum aufrechtzuerhalten sind. Durch das Heranziehen der hauptsächlich von Historikern entwickelten Theorie mittelalterlicher Konfliktführung gelingt es dem Autor, entscheidende Neuansätze für die germanistische Auseinandersetzung mit dem Iwein zu finden. Erstmals glückt eine schlüssige Gesamtinterpretation des Textes, die auch die von der älteren Forschung bisher stiefmütterlich behandelten oder aufgrund ihrer Schwierigkeit ignorierten Textstellen miteinbezieht. Es wird deutlich, wie wichtig eine neue unbelastete Herangehensweise an den mittelhochdeutschen Artusroman um 1200 ist.