Chymische Medicin
Autori
Viac o knihe
Johann Agricola, Arzt und Alchemist in der Tradition des Paracelsus, zieht in diesem umfassenden Kompendium die Summe seiner langjährigen medizinischen und alchemistischen Praxis. Er gibt praktisch nachvollziehbare Anweisungen zur Bereitung von Heilmitteln aus Metallen, Mineralien, Tieren und Pflanzen, deren Klarheit in der alchemistischen Literatur ihresgleichen sucht. Vor allem aber zeigt er auch detailliert die praktische Anwendung dieser Heilmittel in mehreren hundert äußerst anschaulichen Fallgeschichten. Neben einem Anhang zur Buchgeschichte, Orts- und Namenregister enthält diese Ausgabe die erste Biographie dieses gerade wiederentdeckten Autors. Eine Fundgrube für Apotheker, Heilpraktiker und Ärzte - zugleich ein spannendes Stück Kulturgeschichte im Originalton. Als Leseprobe eine Fallgeschichte: Zu Altenburg in Meißen wohnete ein Tuchscherer, der hatte einen Sohn von acht Jahren alt. Der saße auf eine Zeit neben andern Kindern in seines Vatern Hause nicht weit von der Haustür und spielete, wie die Kinder pflegen. In solchem Spiel stieß ihn diese Krankheit (die epilepsia oder schwere Not) an, auch so heftig, daß sie ihn nicht allein im Hause darniedergeworfen, sondern sie hob ihn unterschiedlichen gar hoch empor und warf ihn wieder nieder. Die andern Kinder wußten nicht, was dem Knaben widerfahren war, erschraken und liefen zum Haus heraus. Und weil niemand im Hause dieses Handels gewahr ward und dem Knaben zu Hilfe kommen mögen, nimmt die Krankheit überhand und wird so groß, daß sie den Knaben aus dem Hause auf die Gassen geworfen. Da ward von den Nachbarn ein Zulaufen und wurdens seine Eltern allda zum ersten gewahr. Ich kam eben zu der Stunde nicht weit von dem Hause vom Schlosse herabgegangen, denn es geschahe an der Sporengassen, und als mich des Knabens Mutter ersiehet, läuft sie zu mir, bittet mich um Gottes Willen, ihrem Sohn ein Mittel und Hilfe zu verordnen. Ich befahl, daß sie ihn in die Stuben tragen sollten und feste halten, ich wollte etwas holen und bald wieder bei ihm sein. Ich ging eilends nach Hause und holete diesen jetzt erzähleten und präparierten spiritum, gab ihm 10 Tropfen in einem Löffel voll Aquæ Antiepilepticæ Langii, dazu tat ich noch 4 Gran Salis dulcis Lunæ und ließ ihn ganz feste halten, daß er sich nicht bewegen konnte. Und eher als einer ein Vaterunser ausbeten können, sahe man die glückselige Operation und lag das Kind auch ohne Halten ganz stille, doch schäumete es mit dem Munde noch stark. Nach einer Viertelstunde gab ich ihm eben diese dosin wieder, da begunte es die Augen wieder zu verwenden, unterdessen ließ ich das Kind fein mit warmen Tüchern reiben und die Finger zugleich ziehen. Ungefähr nach einer guten halben Stunde gab ich ihm diese dosin zum drittenmal, das Knäblein kam wieder zu sich selber und ward innerhalb zweien Stunden wieder frisch und gesund, als wenn ihm zuvor nichts gemangelt hätte.