Der Spielfilm und das Ende der Weimarer Republik
Autori
Viac o knihe
Zwischen 1930 und 1933 wurden in Deutschland mehrere hundert Spielfilme produziert – neben sozialkritischen Aufrufen, pazifistischen Anklagen, einfühlsamen Realitätsbeschreibungen und vielen nationalistischen Rückbesinnungen auf die preußischen Tugenden vor allem die so beliebten traurig-schönen Romanzen, Hintertreppenmelodramen, turbulenten Kleinbürgerpossen und Verwechslungs- oder Depressionskomödien mit viel Tanz und Gesang. Daß diese Filme – neben ihrem unbestreitbaren Unterhaltungscharakter – auch Anteil am öffentlichen Bewußtseins- und Wertewandel in der Endphase der Weimarer Republik hatten, kann wohl kaum bezweifelt werden. Welchen Beitrag leisteten die propagierten Handlungsmuster, Lebensentwürfe und Mythen aber tatsächlich beim Untergang der ersten deutschen Demokratie? Wie wurden sie vom damaligen Kinobesucher wahrgenommen? Welche Rezeption war intendiert und welche möglicherweise entgegengesetzten Seh- und Verarbeitungsweisen sind denkbar? Ausgehend von der rezeptionshistorischen Theoriedebatte in der deutschen Literaturwissenschaft der 70er Jahre sowie der entsprechenden aktuellen angloamerikanischen Diskussion (Cultural Studies, New Historicism) versucht Helmut Korte, die historische Wirkung möglichst authentisch zu rekonstruieren. Die Untersuchung hat exemplarischen Charakter für die praktische Anwendung rezeptionsanalytischer Methoden in den Kunst-, Kultur- und Medienwissenschaften. Sie kombiniert auf breitester empirischer Basis filmische Produktanalyse mit politisch-sozialer Kontextanalyse bei gleichzeitiger umfassender Auswertung historischer Rezeptionsdokumente und sonstiger zeitgenössischer Quellen. Ein medienwissenschaftlicher Beitrag zur Aufarbeitung von Mentalität und Entstehungsbedingungen des deutschen Nationalsozialismus.