Waz hilfet âne sinne kunst?
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Die Lyrik des Mittelalters gilt als Musterbeispiel einer Literatur, die aus dem mündlichen Vortrag lebt. Obwohl für den Auftritt des Sängers vor dem Hof weder historische noch literarische Zeugnisse existieren, hat die Literaturwissenschaft bislang an dieser Vorstellung festgehalten. Thomas Cramers großangelegte Untersuchung zeigt hingegen, daß mittelalterliche Lyrik auch und vor allem durch das Auge und über die Schrift rezipiert worden sein muß und nur so angemessen verstanden werden kann. Eine höfische Öffentlichkeit als Forum für die Dichter hat es wahrscheinlich nie gegeben. Das hat erhebliche Konsequenzen für die ästhetische Einschätzung vieler Gedichte des „hohen Minnesangs“: Sie sind als Versuche ästhetischen Experimentierens neu zu interpretieren. Damit leistet Thomas Cramers Buch auch einen wichtigen Beitrag zur aktuellen Debatte um Mündlichkeit und Schriftlichkeit im Mittelalter.