Scheinhellig
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„Elazar Benyoetz, mein Rabbi der deutschen Sprache“ (Robert Menasse) Scheinhellig. Variationen über ein verlorenes Thema – Elazar Benyoëtz’ bisher persönlichstes Buch. Die Beziehung zwischen Gott und Mensch, die Sprache des Glaubens, sind die Sehnsucht dieses Buches und die Kritik des ansehnlich Angesehnten zugleich: 'In Zweifel gezogen, dehnt sich der Glaube aus.' Elazar Benyoëtz gilt als Nachfolger von Lichtenberg, Nietzsche, Karl Kraus und Wittgenstein, gleichsam als Erneuerer deutschsprachiger Aphoristik: 'Es musste wohl einer von außen kommen, einer wie der deutsch-schreibende Israeli Elazar Benyoëtz, um den Aphorismus neu in die deutsche Literatur einzupflanzen, als ein zartes Gewächs, doch winterhart geworden in kalten Zeiten.' (Harald Weinrich). Und Robert Menasse sagt über ihn: 'Elazar Benyoëtz, mein Rabbi der deutschen Sprache.' Dichten, Denken und Glauben haben etwas Gemeinsames: das Hören auf die Sprache. Elazar Benyoëtz stellt es in seinem neuen Buch 'Scheinhellig' ganz in den Dienst des Forschens nach Gott, getreu dem Grundsatz: 'Die Quellen der Sprache, die Quellen des Heils.' Am Leitfaden der nie fixierbaren Grenze zwischen Glauben und Zweifel mustert Benyoëtz die religiöse Tradition von der Genesis zu den Evangelien; vom Rigveda bis zu Rose Ausländer reicht die Fülle der Texte, die zitiert, befragt und weitergeschrieben werden in stetem Widerstand gegen das Verstocken, denn: 'Der Glaube endet in der Überzeugung.' Elazar Benyoëtz wuchs mit der hebräischen Sprache auf, nachdem den Eltern 1938 die Flucht nach Palästina gelang; ihm war es das 'Erwachen auf einem nicht entweihten Sprachboden.' Der frühe Tod des Vaters mit dem hebräischen Namen Yoëtz (Ratgeber) bedeutete für ihn den scheinbar endgültigen Verlust der deutschen Sprache. Doch es kam anders: Benyoëtz – der Sohn des Ratgebers – erzählt in seinen neuen Aphorismen von der Heiligen Sprache der Juden, der Schöpfung der Welt aus dem Wort, der Glaubwürdigkeit des Zweifels und dem 'Eingezweifelt-Sein' in Gott. In der Lektüre erschließt sich dem Leser der reine Impuls, sich nie satt im Denken oder Glauben zu beruhigen: 'Quellenwert hat nur das Fließende.' Benyoëtz eröffnet uns neue Wege zum jüdischen Buch der Bücher; ob wir diesen Zugang religiösen oder poetischen Sinnes betreten, liegt bei uns. Der anspruchsvolle Lakonismus seiner Sätze lässt Einsichten aufblitzen, die evident sind oder wenigstens bei uns anfragen. Aber sie lassen sich nicht abtrennen von der Form, in der sie zur Sprache kommen. Sie sind poetisch und machen hellhörig. Dann kommt es vor, dass man so manches hört, was man nicht hören wollte.