Mütter und andere
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Viac o knihe
Wie wäre es wohl, mit einer Horde Schimpansen in einem Flugzeug zu reisen? Die Passagiere würden in kürzester Zeit handgreiflich werden. Zwar fühlen auch wir Menschen uns in solcher Enge von einem schniefenden Sitznachbarn genervt, im Unterschied zu unseren evolutionsgeschichtlichen Vorfahren gehen wir den Störenfrieden jedoch nicht gleich an den Kragen. Warum und wie aber hat sich der Homo sapiens zu einem vergleichsweise umgänglichen" Wesen entwickelt, das in der Lage ist, sich in andere Menschen einzufühlen? Für Hrdy liegt der Ursprung unseres sozialen Verhaltens gerade nicht im Kampf gegen Konkurrenten, wie die klassische Anthropologie lange Zeit angenommen hat, sondern in gemeinschaftlicher Kindererziehung. Angesichts knapper Ressourcen waren steinzeitliche Eltern auf Hilfe anderer angewiesen. Um sich die Aufmerksamkeit und Fürsorge dieser sogenannten Allomütter zu sichern, entwickelten sich Menschenbabys zu wahren Stimmungsexperten, die Emotionen und Gesichtsausdrücke anderer meisterhaft deuten konnten. Daraus ergaben sich wiederum die einzigartigen menschlichen Fähigkeiten zur Empathie und zur Kooperation. Ohne diese wäre der atemberaubende kulturelleund technologische Fortschritt der Menschheit undenkbar gewesen. Hrdy liefert faszinierende Belege aus einem weiten Spektrum an Disziplinen, vor allem aus der Primatenforschung und aus ethnologischen Feldstudien an den letzten Jäger- und Sammler-Gesellschaften. Ihre Erkenntnisse berühren nicht bloß unser Selbstverständnis als Menschen, sondern werfen auch die Frage auf, was eigentlich passiert, wenn wir die evolutionäre Errungenschaft Empathie wieder verkümmern lassen.