Schwesterchen und Luka
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Viac o knihe
'Sss-ßßß-this is-sss-ßßß, Missis-ssß. So ein Piss!' Es war Mitte Juli, und Luka hatte Ferien. Nach dem Sommer würde sie aufs Gymnasium gehen, und sie erzählte mir aufgeregt, daß sie schon viele englische Wörter kannte. Sogar ganze Sätze konnte sie auswendig sprechen, so die allerwichtigsten eben: > Mary is spending this Sunday with her parents in aunt Susan's garden< und so. Mit der Aussprache hatte sie zwar noch Schwierigkeiten, das 'this' sagte sie immer viermal hintereinander. Die kleine Zunge kam nicht schnell genug zwischen die Zähne und verschwand dort auch nicht rechtzeitig wieder. Sie war immer erst beim runden 'S' am Ende dieses verflixt kurzen Wortes dort, wo sie längst wieder verschwunden sein sollte. Irgendwann lispelte Luka einfach den gesamten Satz, und ich lobte sie überschwenglich. Wir hatten uns in der Nähe von Frankfurt getroffen, um die Motorradtour nun endlich in die Tat umzusetzen, die ich Luka schon Ende letzten Jahres am Telefon und sozusagen als Geburtstagsgeschenk versprochen hatte. Emma, Lukas Mutter, besuchte hier für ein paar Stunden eine Freundin und ihr Elternhaus, das seit dem Tod ihres Vaters leer stand und nun endlich vermietet werden sollte. Überraschend hatte Schwesterchen, wie ich Emma immer nannte, unserem Vorhaben zugestimmt. Natürlich nicht, ohne mir klarzumachen, daß sie mich eiskalt erledigen würde, wenn Luka etwas zustieße. Emma würde jeden - ohne lange zu fackeln - abmurksen, der ihre Tochter auch nur dumm anquatscht. Die Reise sollte von hier erst nach Limburg gehen, dann die Mosel entlang nach Trier, und von dort über Luxemburg und Belgien in die Niederlande, wo Emma seit etwa zwei Jahren mit was weiß ich wem zusammenlebte. Ich wußte nur, daß er von dort und blond war. Wir hatten uns also in allerlei Leder verpackt und warteten in einer Gartenwirtschaft eigentlich nur noch auf Emma, die wahrscheinlich gerade, ein paar Meter von uns entfernt, ahnungslose potentielle Mieter runterputzte, weil die aus Versehen oder mit nicht ganz eindeutiger Absicht in eine falsche Ecke des ziemlich alten, verbauten Gebäudes schauten und - mein Gott, warum auch immer - mit der Stirn runzelten oder so was. Sie kann es einfach nicht leiden, wenn jemand blöde guckt oder das verdammte Drehbuch nicht kennt. Vielleicht hatten die armen Obdachlosen aber auch Glück, und Emma würde sich höflich für ihr Interesse bedanken, dafür aber mich ordentlich zusammenscheißen. Eine von ihr durchaus bevorzugte Methode, irgendwelchen Dampf abzulassen. Ich weiß, wovon ich rede. Emma ist übrigens auch seit 25 Jahren amtierende Weltmeisterin im Zwischen-den-Zeilen-Lesen und entdeckt dort regelmäßig - wie eng ich auch schreibe - die gruseligsten Geschichten. Es dauert dann meist ein paar Tage, bis sie es einsieht und ich halbwegs rehabilitiert bin. Soviel Zeit hatte ich diesmal einfach nicht und wollte auch nicht mehr unbedingt als ihr Blitzableiter zur Verfügung stehen. Trotzdem war ich auf alles gefaßt, und es war mir egal, wie blöde es aussah, bei 30 Grad im Schatten auf der Bierzeltbank zu sitzen und zur Sicherheit einen Motorradhelm zu tragen. Irgendwann kam Emma dann, und wir verabschiedeten uns von ihr mit allem Drum und Dran. Sie guckte natürlich komisch, aber sie guckt ja immer komisch.
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