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Waldeslust

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Waldeslust! An Aussagekraft und damit verbundener Deutungsvielfalt kann den Wald so leicht kein Sujet der Kunstgeschichte überbieten. Als beliebter Schauplatz von Märchen war er bereits in unserer Kindheit ein unverzichtbarer Projektionsraum. Hier verirrten sich die meist jugendlichen HeldenInnen, begegneten ungewöhnlichen Geschöpfen, wurden verwandelt, verzaubert, verschlungen und bewährten sich schließlich doch. Die fantastischen Vorstellungen malender, schreibender und komponierender Romantiker begleiten auch den Menschen des 21. Jahrhunderts vielfach noch und haben sich in seinem Fühlen und Denken eingenistet. Gilt uns ein Waldspaziergang nicht immer noch als besinnliche Feiertagsentspannung? Im Laufe des 19. Jahrhunderts breiteten sich die romantischen Ideen so rasch und flächendeckend in der Bevölkerung aus, dass sie sogar die 'wissenschaftliche Forstästhetik' erreichten: Der Wald entwickelte sich vom 'wilden Draußen' zum Naturgenuss und schließlich zum 'städtischen Naherholungsgebiet' oder gar zum Stadtpark, der sich in feinen Abstufungen der Laub- und Grüntöne des Wassers, Laubes und Mooses darbietet. In ihrer diesjährigen Herbst-Ausstellung beschäftigt sich die Kunsthalle Würth mit den vielfältigen kulturhistorischen Aspekten des (deutschen) Natur- und Waldbewusstseins. Das Spektrum der hier gezeigten Aspekte reicht von verschiedenen Schöpfungsmythen, wie etwa dem 'Baum der Erkenntnis' (in der Ausstellung auf einem Bild von Lucas Cranach) über genuin deutsche Vorstellungen vom 'Heiligen Hain' als Ursprungsmythos der Deutschen (der sich, von Tacitus ausgehend, auf die siegreiche Schlacht im Teutoburger Wald gründete), vom pantheistischen Naturgefühl romantischer Prägung über die Waldromantik des Biedermeier bis hin zu Vorstellungen vom Wald als finsterem Ort von Außenseitern der vorindustriellen Gesellschaft, die sich im deutschen Märchen tradiert haben. Das der modernité (Charles Baudelaire) verpflichtete Phänomen des Stadtparks findet in der Ausstellung ebenso Berücksichtigung wie der die äußere Realität transzendierende Urwald der Expressionisten oder der ins geheimnisvoll Abgründige verwandelte Wald der Surrealisten. In den späten 1920er-Jahren machten Letztere im deutschen Wald bereits ihren 'Gegner' aus – im visionären Vorgriff auf das, was Martin Heidegger dann 1951 mit Blick auf die seinerzeit jüngste Vergangenheit mit der Metapher der 'Holzwege' beschreiben sollte, die sich in Desorientierung und Dunkel verloren hatten. Als künstlerisches Sujet wird der erbauliche Wald zu jener Zeit vorübergehend zur 'No-go-Area'. Erst als sich Mitte der 1970er-Jahre das Waldsterben zum viel diskutierten Thema entwickelt, gerät der Wald aus der emotionalen Tabuzone zurück ins Blickfeld. Das deutsche Wort 'Waldsterben' wird sogar ins Englische übernommen. Begriffe und Redewendungen wie aus gutem Holz geschnitzt sein, die Axt im Walde, ein stämmiger Bursche, der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, es ist etwas im Busch oder mit etwas verwurzelt sein oder stark wie ein Baum sein sind nach wie vor geläufig. Sie zeigen den ungebrochen hohen Identifikationsgrad mit dem Baumbestand der heimischen Wälder, die 'das Herz des Deutschen mit tiefer und geheimnisvoller Freude' (Elias Canetti) erfüllen. Mit rund 100 markanten Werken aus der Sammlung Würth, von Cranach bis Hockney, lädt die Ausstellung zum Spaziergang durch die sich immer wieder wandelnden künstlerischen Positionen zum Mythos Wald.

Parametre

ISBN
9783899292282
Vydavateľstvo
Swiridoff

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Variant knihy

2011

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