Rechtsbefriedung durch Schlichtungsstellen
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Viac o knihe
In Deutschland dominiert bei Rechtsstreitigkeiten der Prozess vor Gericht. Der Bürger begehrt sein Recht und beschäftigt so eine Vielzahl von Richtern, staatlich Bediensteten und Rechtsanwälten. Im anglo-amerikanischen Rechtskreis ist man wegen hoher Kosten und langer Verfahrensdauer schon lange auf der Suche nach Alternativen. Das Schlagwort heisst Alternative Dispute Resolution. Auch der deutsche Gesetzgeber hat inzwischen reagiert. Er hat mit der Einführung von § 15 a EGZPO einen ersten vorsichtigen Schritt gewagt, um aussergerichtliche Einigungsversuche zu ermöglichen. Der Anwendungsbereich ist allerdings beschränkt auf Nachbarschaftsstreitigkeiten, Streitigkeiten wegen Verletzung der persönlichen Ehre und vermögensrechtliche Streitigkeiten mit einem Streitwert bis zu 750 Euro. In diesen Fällen können die einzelnen Bundesländer jedoch bestimmen, dass ein Einigungsversuch obligatorisch vor Klageerhebung durchzuführen ist. Die Autorin erläutert zunächst die bundesrechtliche Regelung in § 15 a EGZPO und geht auf die Umsetzung von § 15 a EGZPO in den Bundesländern Bayern und Nordrhein-Westfalen ein. Sie zeigt besondere Chancen und Risiken der aussergerichtlichen obligatorischen Streitschlichtung für den rechtsuchenden Bürger bei Nachbarschafts- und Mietrechtsstreitigkeiten auf. Als besondere Chance stellt sich dabei die win-win situation als Ergebnis eines Konfliktes dar. Wird ein Konflikt im Prozess durch ein Urteil entschieden, gewinnt nur eine Partei. Bei der win-win situation dagegen erzielen die Parteien durch interessengerichtetes Zusammenwirken einen Kooperationsgewinn und können mehr ihrer Interessen realisieren, als ohne Einigung. Nicht bei jeder Konfliktlösung im Sinne einer win-win situation können jedoch alle Interessen beider Parteien realisiert werden. Die deshalb zu unterscheidenden Stufen der win-win situation strukturiert die Autorin anhand praktischer Beispiele zu Nachbarschafts- und Mietrechtsstreitigkeiten. Eine besonders interessante Möglichkeit zur Bewältigung von Mietkonflikten besteht in New South Wales, Australien. Dort tragen vor allem auf die Beratung von Mietern und Vermietern spezialisierte Renting Services und ein für die Beilegung von Mietrechtsstreitigkeiten speziell geschaffenes Residential Tribunal zur schnellen, kostengünstigen und unkomplizierten Konfliktlösung bei. Insbesondere unter Verarbeitung von Anregungen aus dem australischen Modell zeigt die Autorin Möglichkeiten auf, wie die Risiken des aussergerichtlichen obligatorischen Einigungsversuchs nach § 15 a EGZPO weiter minimiert werden könnten. Wegen der Chancen, die die Einführung von § 15 a EGZPO bietet und weil die Risiken weitgehend minimierbar sind, bietet die aussergerichtliche Konfliktbeilegung in Form des aussergerichtlichen obligatorischen Einigungsversuchs nach § 15 a EGZPO jedenfalls bei Mietrechts- und Nachbarschaftsstreitigkeiten ein grosses Potential, auch wenn Gerichte für Konflikte, bei denen keine Einigung erzielt werden kann, erforderlich bleiben werden.