Normiertes Misstrauen
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Viac o knihe
Eine Reihe von Entwicklungen verleiht dem Verdacht einer Straftat - stets schon ein Schlüsselbegriff des Strafverfahrens - gesteigerte Bedeutung: Immer weniger Ermittlungen münden in die Hauptverhandlung, immer mehr werden im Wege von beschleunigten Verfahren beendet und besonders jenseits eines entkräfteten Verdachts erledigt - in opportunen Formen der Erledigung, die zudem nach geltendem Recht durch Rechtsbehelfe nicht mehr angreifbar sind. Die Studie unterbreitet eine systematisch angelegte Dogmatik des Verdachts. Zuvor liefert sie den Rahmen einer solchen Dogmatik: historisch die Ausbildung einer Dogmatik des Verdachts seit dem Hochmittelalter, in der die Grundlagen des modernen, in individualisierender Zurechnung fußenden Rechts gelegt werden, und begrifflich die wissenschafts- und rechtstheoretischen sowie kriminologischen Voraussetzungen. Dogmatisch ist der Verdacht die Ausnahme vom prozessualen Grundsatz der Unschuld und bedarf deshalb der Begründung. Dies hat ihn als einzig richtige, intersubjektiv nachvollziehbare Entscheidung, deren Richtigkeit in der begründeten, individualisierenden Annahme der Möglichkeit einer Straftat auszuweisen. Durch diese Individualisierbarkeit lässt sich der Anfangsverdacht zugleich von generalisierenden Verdachtsstrategien im Vorfeld eines Ermittlungsverfahrens scheiden.