Die Präambel der UN-Charta im Lichte der aktuellen Völkerrechtsentwicklung
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Allenthalben wird der Präambel der Charta der Vereinten Nationen in der Praxis wie auch in der Wissenschaft eine eher geringe Aufmerksamkeit zuteil. Dies wird ihrer Bedeutung indes nicht gerecht. Schüler und Freunde Jost Delbrücks haben deshalb anläßlich seines 60. Geburtstages im Jahre 1995 den Versuch unternommen, die in der Charta-Präambel deutlich werdenden Aspirationen an der 50jährigen Praxis der Weltorganisation zu spiegeln. Sie kommen in dem hier vorgelegten Sammelband der Ertäge des Geburtstagssymposiums zu dem Ergebnis, daß sich in der Präambel ein zwar teilweise zurückhaltend formuliertes, indes normativ voll verbindliches Konzept des Friedens als Rechtsordnung vorgezeichnet findet. Dieses ist nicht nur als Leitmotiv der Charta, sondern auch als Leitmotiv des Handelns der Vereinten Nationen in dem halben Jahrhundert ihres Bestehens zu verstehen. Gekennzeichnet von den ethischen Grundaussagen Friede, Gerechtigkeit und Toleranz konstituiert die Präambel dieses Programm, welches, basierend auf der Würde des Menschen und den Menschenrechten, Elemente einer Friedensordnung enthält. Durch ein dynamisches Rechts- und Gerechtigkeitsverständnis wird das Konzept des positiven Friedens auch im Sinne sozialer Gerechtigkeit vorgezeichnet, dessen Erreichung sich im Wege friedlichen Wandels vollziehen soll. Damit geht die Präambel, insbesondere auch in ihrem starken Konnex zu den Grundsätzen und Zielen der Vereinten Nationen der Art. 1 und 2 der Charta über einen unverbindlichen Programmsatz hinaus. Das in ihr deutlich werdende und jedenfalls ansatzweise auch verwirklichte Programm des Friedens als Rechtsordnung gewinnt namentlich nach dem Ende des Ost-West-Konflikts durch die sich herausbildende Weltinnenrechtsordnung zunehmende Bedeutung.