Köselitz

Der Autor dieses Buches, der Annaberger Gotthard B. Schicker, war die überwiegende Zeit seines Berufslebens als Kulturwissenschaftler und Publizist in Berlin und Budapest tätig. Gerade wohl wegen des „Weitblicks“ fand er über Jahrzehnte einen immer innigeren Zugang zur reichen Kultur- und Geistesgeschichte seiner Heimat, die in allen Zeiten neben dem Silberbergbau, der Holzkunst, der Posamentenproduktion oder der Kartonagen- und Textilindustrie Persönlichkeiten hervor brachte, die diese Arbeit geistig beförderten, soziale Verwerfungen zu mildern suchten, Verantwortung in der Stadt und in Sachsen übernahmen, zu Multiplikatoren wurden. Dies alles verkörperte die Familie Köselitz über Generationen. Aus Stettin stammend, gelangten sie über den Zerbster Hof (wo zur selben Zeit die spätere Katharina II. nach Russland aufbrach), um 1770 in schwerer Zeit nach Annaberg, wo aus ihnen zweite Gründerväter der Stadt wurden: Unternehmer, Zeitungsverleger und Kulturförderer die Väter, die Söhne studierten in Leipzig und München und gingen auf Reisen nach Italien, kehrten als aufgeklärte Weltbürger heim. So wäre ohne Heinrich Köselitz als Intimus von Friedrich Nietzsche dessen Werk kaum möglich geworden; bis über dessen Tod hinaus half er bei der Klarheit der Gedanken und ihrer Verbreitung, ja half gegen Entstellung durch dessen Schwester. Als Peter Gast komponierte er Opern, Quartette und wundervolle Lieder, rieb sich mit Nietzsches gar an einem Richard Wagner. Sein Bruder Rudolf Köselitz wurde Kunstmaler in München, stellte in den wichtigsten deutschen Kunstzentren aus. Und doch fanden beide immer wieder ins Erzgebirge zurück als Mundartverteidiger und -dichter der eine, als Maler des Frohnauer Hammers und Illustrator von Büchern der andere. Der Autor hat aus zahlreichen, bisher unveröffentlichten Archivbeständen im In- und Ausland eine neue Sichtweise auf die Köselitze geleistet. Dabei sind ihm eine interessante Stadtgeschichte Annabergs, eine Werkschau der Familie und einfühlsame private Eindrücke dieser bedeutenden selbstlosen Menschen gelungen. Diese Weltbürger aus Annaberg endlich mehr ins Bewusstsein der heutigen Generation zu heben, ist das Anliegen dieses Buches.