Das Mystische wird bleiben
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Viac o knihe
„Wir können noch so viel High-Tech in der Geburtshilfe haben – aber das Mystische wird immer bleiben.“ Diese Aussage hörte die Historikerin Alexandra Schmidt während der Recherchen zu ihrem Buch immer wieder. Denn der natürliche Verlauf von Schwangerschaft und Geburt, der Beginn des neuen Lebens, aber auch die Verbindung zum Tod bleiben schließlich immer gleich. Nur ihre Rahmenbedingungen ändern sich im Lauf der Jahrhunderte, werden von der jeweiligen Epoche geprägt. Die Geschichte einer Kultur des Gebärens ist damit auch ein vielschichtiges Spiegelbild der jeweiligen gesellschaftlichen Rolle der Frau, ihrer Körpererfahrungen, ihrer Instrumentalisierung und Fremdbestimmung einerseits, ihrer Selbstbestimmung andererseits. Ausgehend von einer Zeit, in der ein Blick ins Leibesinnere noch nicht möglich war und der gewölbte Bauch peinlich berührt kaschiert wurde, bis in die Gegenwart, in der Schwangerschaft und Geburt medial und öffentlich inszeniert werden, fragt das Buch u. a. danach, wie Frauen glückliche glückliche, aber auch unglückliche Schwangerschaften und Geburten im Wandel der Zeit erlebten. In Gesprächen mit Zeitzeug*innen, anhand von Lehrbüchern, Rezeptsammlungen, Tauf- und Sterbematriken, verschiedenen Akten- und Fotobeständen sowie der ab Ende des 19. Jahrhunderts erscheinenden Hebammen-Zeitung erkundet die Autorin, welche Techniken, Rituale und Rezepturen rund um Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett entwickelt wurden, was dabei in Vergessenheit geriet und was die Jahrhunderte überdauerte. Sie analysiert, wie sich die Geburtshilfe von einem ausschließlich weiblich bestimmten Handlungsraum zu einem hochtechnisierten, männlich dominierten Zweig der Medizin entwickelte und wie es im Zuge dessen zur Verdrängung der Hausgeburt durch die Klinikgeburt kam. Und sie schreckt auch auch nicht vor der Frage zurück, welche Rolle Ärzte wie Hebammen bei der Umsetzung der menschenverachtenden nationalsozialistischen Rassen- und Gesundheitspolitik in Kärnten spielten und wie es auch hierzulande zu Zwangssterilisationen und Zwangsabtreibungen kommen konnte.