Weltflucht und Schäferideal in arkadischer Landschaft
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Viac o knihe
Arkadien gehört zu den Geschichtsmythen, aus denen sich u. a. europäische Zivilisation und ihre Geschichtskonstruktionen herleiten, und die auf diesem Wege von den Europäern auch auf andere Kontinente und Kulturen übertragen worden sind. Es ist erstaunlich, dass zu einer Zeit, in der man, wenn man Grieche oder Römer war, die Geschichte menschlicher Gesellschaft nur in der Spanne von einigen tausend, wenn nicht sogar nur Hunderten von Jahren erfasst hatte, zunächst durch Überlegung und Ausdeutung des Mythos zu der Einsicht kam, dass menschliche Gesellschaft, so wie wir sie kennen, eigentlich erst mit dem Aufkommen der Hirtenkultur begann. Dies trifft sich recht gut mit neueren Erkenntnissen, wonach die entscheidenden Schritte in die Richtung einer Entwicklung unserer heutigen Kulturen erst mit der neolithischen Revolution, d. h. irgendwann vor 12 bis vielleicht 20 tausend Jahren sich herausgebildet hatten. Die Ausdeutung des Mythos Arkadien ist also zugleich eine imaginäre Rekonstruktion unserer Zivilisationen in einem Frühstadium. Da dieses Frühstadium der Menschheitsgeschichte jedoch noch nicht von den Zerfallserscheinungen späterer zivilisatorischer Prozesse geprägt war, wohnt dem Mythos Arkadien und dem nach ihm imaginierten gesellschaftlichen Verhältnissen ein utopisches Potenzial inne, das die Sprengkraft der Rezeption dieses Mythos ausmacht. Die hier versammelten Aufsätze sind erste Studien, die auf dem Weg zu einer viel umfassenderen Deutung des Mythos Arkadien durch die europäische Pastoralliteratur entstanden sind.