Eschwege
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Viac o knihe
Wie konnte der Nationalsozialismus in einer Kleinstadt Fuß fassen? Wie verhielten sich die Einwohner der Stadt, was trugen Verwaltung und Bürgermeister dazu bei? Wie veränderten sich Kommunalpolitik und öffentliche Aufgaben, Schule und Kirche, Vereinswesen und Feste, Alltag und Kommunikation? Und wie ging man nach 1945 mit den Belastungen der Vergangenheit um? Das Beispiel der nordosthessischen Kleinstadt Eschwege erhellt, dass nur eine genauer Blick auf die sozialen Praktiken vor Ort verständlich machen kann, wie Nationalsozialismus funktioniert. Das Buch zeigt, wie in der Hülle der Traditionen Neues übernommen wurde und wie rasch und radikal sich dadurch der Wandel vollzog. Es unterstreicht zugleich, dass der Nationalsozialismus keine homogene Ideologie oder Bewegung war, sondern von den Menschen vor Ort gestaltet wurde. Die sozialen Netzwerke blieben dabei weitgehend intakt, über 1933, aber auch über 1945 hinaus. In Eschwege entstand eine Art kommunaler Nationalsozialismus, der sich durchaus gegen Eingriffe von außen zu wehren suchte, die Ordnung und städtische Interessen wahren wollte, kommunale Identität pflegte, dabei aber nicht weniger dem Hitler-Mythos und der Rassenideologie verbunden war und auch an der Entrechtung und Ausgrenzung der jüdischen Bevölkerung mitwirkte. Die kleinstädtische Selbstabschottung erleichterte es nach 1945 darauf zu beharren, dass man in der Zeit des „Dritten Reiches“ nur zum Wohle der Stadt gearbeitet, Schlimmeres verhütet und Übergriffe der Partei abgewehrt habe. Im Sinne des hegemonialen Eschweger Nachkriegsnarrativs hatten sich die Akteure nicht schuldig, sondern sogar verdient gemacht um die Selbstbehauptung der Stadt. Das Buch arbeitet die komplexen Interaktionen der kleinstädtischen „Face-to-face-“Gesellschaft Eschweges heraus und macht deutlich, wie die nationalsozialistische Vergangenheit bis heute in die kommunale Gemeinschaft hineinwirkt.