„Entwicklung“ als Regierungsziel, „Indigenität“ als Widerstand
Autori
Viac o knihe
Die indigenen Bevölkerungsgruppen im zentralafrikanischen Kongobecken, die oftmals kollektiv als „Pygmäen“ bezeichnet werden, haben ungeachtet ihrer Diversität eines gemeinsam: Sie leiden trotz Erstarkung des transnationalen „Indigenous Rights Movement“ und der Verabschiedung der UN Declaration on the Rights of Indigenous Peoples im Jahr 2007 bzw. dem Inkrafttreten der ILO Convention 169 („Indigenous and Tribal Peoples Convention“) im Jahr 1991 unter massiven Menschenrechtsverletzungen, Armut, Diskriminierung, Unterdrückung und Marginalisierung. Als Teil der Bevölkerung sogenannter „Entwicklungsländer“ sind indigene Völker trotz mehrfacher menschenrechtlicher Schutzinstrumente auf internationaler Ebene mehrheitlich negativ von Entwicklungsmaßnahmen, wie etwa der Umsetzung der „UN-Millenium Development Goals“ bzw. dem von IWF und Weltbank entwickelten Konzept der „Poverty Reduction Strategy Papers“, betroffen. Vor dem Hintergrund des zunehmenden Selbstbewusstseins indigener Völker und dem wachsenden wirtschaftlichen Druck auf globaler sowie lokaler Ebene, begründet die Analyse der Auswirkungen des hegemonialen Entwicklungsdiskurses auf die Existenz indigener Völker aus Perspektive der Regierungspraktiken im Sinne Michel Foucaults das Forschungsinteresse des vorliegenden Buches. Dabei werden nicht nur die jeweiligen Positionierungen im Strategiefeld der Machtbeziehungen im Rahmen einer ausführlichen anthropologischen Fallstudie bei den indigenen Baka-Communitys in Süd-Ost-Kamerun offengelegt, sondern besonders jene Regierungspraktiken, die auf „Entwicklung“ nach Maßgabe des hegemonialen Entwicklungsdiskurses abzielen und im postkolonialen Staat Kamerun zur Regierung der Bevölkerung zur Anwendung kommen. Die Kultur- und Sozialanthropologin Edith Neubauer bringt in ihrer theoretisch innovativen und empirisch fundierten Feldstudie die genealogische Methode ebenso zum Einsatz wie das foucaultsche Analyseraster der Gouvernementalität. Diese methodische Ausrichtung ermöglicht den Fokus auf die Mikropraktiken des Regierens und die Untersuchung der Beziehung des Staates zur indigenen Bevölkerung aus dem Blickwinkel der „Regierung“. Entsprechend wird „Indigenität“ in Anlehnung an das foucaultsche Gouvernementalitäts-Konzept definiert als Widerstand an der Art und Weise des Regiert-Werdens.