Diskriminierungsschutz durch Kontrahierungszwang
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Viac o knihe
Das Rechtsphänomen Kontrahierungszwang sorgt etwa seit Ende des 19. Jahrhunderts für kontroverse Diskussionen und ist Gegenstand etlicher bedeutsamer Abhandlungen. Diese kreisen vor allem um die Paradoxie eines Zwangs zum Vertragsabschluss, dem von Natur aus das Element der Freiwilligkeit innewohnt. Mit Erlass der vier Antidiskriminierungsrichtlinien durch die Europäische Gemeinschaft und ihrer ? überschießenden – Umsetzung im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) im August 2006 ist die Debatte um Kontrahierungszwang neu entzündet. Der Kern des Meinungsstreits liegt in der Frage, ob sich als Rechtsfolge einer verbotenen Benachteiligung im Privatrechtsverkehr, die sich zumeist in Form einer Vertragsverweigerung äußert,4 aus § 21 i. V. m. § 19 Abs. 1, 2 AGG ein Anspruch auf Vertragsabschluss herleiten lässt. Die Beantwortung der Streitfrage, ob sich aus § 21 i. V. m. § 19 Abs. 1, 2 AGG ein Abschlussanspruch ergibt, verlangt nach einer differenzierenden Analyse der gegensätzlichen Standpunkte. Erst die verfassungsrechtliche Bewertung und zivilrechtsdogmatische Einordnung dieser möglicherweise „[neu]artige[n] Kategorie des Kontrahierungszwangs“ schaffen eine Beurteilungsgrundlage für die Auslegung des § 21 AGG, in deren Rahmen schließlich auch die Genese der Norm zum Tragen kommt. Selbst wenn sich ein Abschlussanspruch als Rechtsfolge des § 21 i. V. m. § 19 Abs. 1, 2 AGG nicht verifizieren lässt, verspricht dessen Analyse einen Erkenntnisgewinn, da er vielfach bejaht wird und damit jedenfalls fester Bestandteil der rechtswissenschaftlichen Diskussion geworden ist. Die zentrale Fragestellung dieser Arbeit wird also sein, ob sich in § 21 AGG unter dem Deckmantel eines Schadensersatz-, Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruchs eine neue Spezies von Kontrahierungszwang als Instrument des Diskriminierungsschutzes verbirgt.