Kunst von unten?
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Im Jahre 1967 eröffnete Ranuccio Bianchi-Bandinelli die Zeitschrift Dialoghi di archeologia mit einem programmatischen Beitrag unter dem Titel „Arte plebea“. Er bezeichnete damit bildkünstlerische Darstellungsformen, die Gewohnheiten der figürlichen Darstellung in der „Hochkunst“, wie die räumliche Perspektive oder die Beachtung natürlicher Proportionen, durch zeichenartige Isolierung der Motive zur Steigerung der unmittelbaren Ausdruckskraft ersetzten und besonders in den Kulturen des antiken Italien zu beobachten waren. Mit seiner Studie zur arte plebea - im Deutschen mit „Volkskunst“ eher unzutreffend übersetzt - und mit den Dialoghi di archeologia war die Forderung verbunden, Klassische Archäologie in neuer Weise als eine kritische, dezidiert historisch ausgerichtete Wissenschaft zu betreiben. Dies hat zu anhaltenden Kontroversen geführt, aber auch weit ausgestrahlt und das Fach grundsätzlich verändert. In der deutschsprachigen Klassischen Archäologie der 1970er Jahre geschah dies vor allem durch die Veröffentlichungen von Paul Zanker. Sein wissenschaftliches Werk und der Begriff arte plebea haben damit zur Erschließung eines wesentlichen Phänomens der antiken Kunst in besonderer Weise beigetragen: dem Verhältnis zwischen Form, Inhalt und gesellschaftlicher Position von Bildwerken. Eine Standortbestimmung der Analyse dieses Verhältnisses besonders aus der Perspektive der Weggefährt(inn)en Paul Zankers war das Ziel eines anlässlich seines 70. Geburtstags im Juni 2007 in Rom durchgeführten Kolloquiums. Die hier vorgelegten zehn Beiträge dieser Tagung legen Perspektiven der formalen und inhaltlichen Interpretation antiker Bildwerke in ihrem sozialen und historischen Kontext dar - mit besonderem Blick auf die Bilderwelt des antiken Pompeji, aber auch auf die ältere griechische und die kaiserzeitliche, provinziale römische Kunst, auf griechische Weihreliefs, römische Staatsreliefs, Grabmäler und Porträts. Damit soll die Aktualität der Frage nach der arte plebea und verwandten, auch epochenübergreifenden formalen Phänomenen unterstrichen werden. Ausgehend von Fragestellungen, die seit 1967 und in den 1970er Jahre erstmals formuliert wurden, gelingt es anhand weniger der Fallstudien, weiterführende Forschungsperspektiven einer Klassischen Archäologie als sozialgeschichtlich orientierter Kunstgeschichte aufzuzeigen.