Zwischen schön und erhaben - Friedrich Schiller als Denker des Politischen
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Die Arbeit geht von der Diskrepanz zwischen der häufigen populären Wahrnehmung Friedrich Schillers als ‚politischen Denker‘ und seiner weitgehenden Nichtbeachtung in der Politikwissenschaft aus. Vor diesem Hintergrund wird gefragt und hinterfragt, inwiefern Schiller auch aus wissenschaftlicher Perspektive ein ‚politischer Denker‘ ist und welchen Mehrwert seine Aufnahme in den Kanon der politischen Theorie mit sich bringen kann. Um auf diese Fragen fundiert antworten zu können, ist es erforderlich, tief in Schillers Denken einzutauchen. Hierzu werden 27 theoretische Schriften eingehend erörtert. Dabei wird nicht nach dem Schema vorgegangen, lediglich diejenigen Belegstellen zusammen zu tragen, mit denen die aufgestellten Thesen bestätigt oder widerlegt werden können. Vielmehr werden die Schriften chronologisch und ohne allzu engen Fokus betrachtet – so dass deutlich zu erkennen ist, wie häufig bei Schiller zwei gegenläufige Argumentationslinien einander abwechseln: die des Schönen und die des Erhabenen. Die Idee des Schönen zielt dabei auf eine durch harmonische, spielerische und freiwillige ‚Zusammenstimmung‘ gekennzeichnete Überwindung von Gegensätzen, während sich im Erhabenen eine Zuspitzung derselben zum Widerstreit ausdrückt, in dem es einen ‚Sieger‘ und einen ‚Verlierer‘ gibt. Bis zuletzt lässt Schiller jedoch unklar, in welchem Verhältnis diese beiden ‚Denkprinzipien‘ zuneinander stehen sollen – und hinterlässt uns damit eine nahezu unlösbare Aufgabe. Indem dieser ‚Kern schillerschen Denkens‘ herausgearbeitet ist, ist die gedankliche Grundlage zur Beantwortung der Leitfragen der Dissertation geschaffen. Davon ausgehend kann nun gezeigt werden, dass die schillerschen Prinzipen des Schönen und des Erhabenen in nahezu allem politischem Gedankengut aufgefunden werden können – insbesondere im Denken der politischen Theorie. Dies wird zunächst am Beispiel Jean-Jacques Rousseaus aufgezeigt, der ohnehin wesentlichen, aber wenig beachteten, Einfluss auf Schiller hatte. Doch nicht nur bei dem republikanisch denkenden Rousseau, sondern auch dem liberalen Dahrendorf, dem antiliberalen, autoritären Carl Schmitt und sogar dem Vordenker der antiautoritären 1968er-Bewegung Herbert Marcuse kann Schillers Schönes und Erhabenes wiedergefunden werden. An diesen Beispielen wird deutlich, dass Schillers Philosophie als gemeinsamer Rahmen für ganz unterschiedliche Denkrichtungen verstanden werden kann. Sie entspinnt sich zwischen dem alles harmonisch vereinenden Schönen und dem zwischen ‚Sieg‘ und ‚Niederlage‘ entscheidenden Erhabenen – das Politische konkretisiert sich zwischen einem alle Meinungen integrierenden Diskurs und der Notwendigkeit effizienter Entscheidungsfindung und -durchsetzung.