Erinnerungsorte in Mesoamerika
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Viac o knihe
Für den Kulturraum Mesoamerika, der sich von Mexiko über Guatemala bis nach Honduras erstreckt, stellt die Untersuchung von Erinnerungskultur(en) einen fruchtbaren Ansatz zum Verständnis kultureller Kontinuitäten dar. Zugleich wird damit der Blick auf diesbezügliche Brüche, Verformungen und Neueinschreibungen gelenkt. Mit der kollektiven Vergegenwärtigung des Vergangenen werden Identifikationskerne geschaffen, die mithin der Gestaltung der Zukunft dienen, wie zahlreiche Publikationen zur Erinnerungskultur moderner Nationalstaaten oder antiker Gesellschaften im mediterranen Raum aufzeigen. Im vorliegenden Sammelband werden die Konzepte der 'Erinnerungsorte' von Pierre Nora sowie des 'kulturellen Gedächtnisses' von Jan Assmann unter Berücksichtigung der entsprechenden kulturellen Spezifika auf Mesoamerika übertragen. Die präsentierten Fallbeispiele aus der vorspanischen Zeit, der Zeit der spanischen Kolonialherrschaft sowie der von Nationalstaaten geprägten Gegenwart beleuchten die bedeutenden politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umbrüche in dieser Region. Dabei wird deutlich, dass in Krisen die Aneignung der Vergangenheit zu einem Mittel der Selbstorganisation und Neuorientierung indianischer Bevölkerungsgruppen wird. Die Betrachtung des polyethnischen und sprachlich wie kulturell heterogenen Mesoamerikas lenkt die Aufmerksamkeit unweigerlich auf eine interkulturelle Dimension von Erinnerung und die damit verbundenen Übersetzungs- wie Übertragungsproblematiken. Durch ihren engen Bezug zu archäologischen Befunden, indianischen Schriftquellen und ethnografischen Erkenntnissen vermitteln die Beiträge anschaulich Einblicke in die indianischen Gedanken- und Vorstellungswelten. Die Zusammenstellung verdeutlicht die Bandbreite mesoamerikanischer Erinnerungskulturen und unterstreicht ihre Bedeutung für das Verständnis vergangener wie gegenwärtiger Gesellschaften in Mesoamerika. Darüber hinaus bereichert sie die Regionalstudien aus Geschichte, Geographie oder Politikwissenschaft um die Perspektiven von Erinnerung der indianischen Gesellschaften und Kulturen in Zentralamerika. Nicht zuletzt ergänzt der vorliegende Sammelband die theoretische Debatte über Erinnerung um Fragen zu außereuropäischen Formen kollektiver Gedächtnisse.