6. Körber-Foto-Award Der erste Schritt
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'Auch die längste Reise beginnt mit dem ersten Schritt', sagt der Volksmund. Was einfach klingt, scheint indessen schwierig, denn die Vorstellung von Individualität ist ebenso in die Krise geraten wie eine Vielzahl globaler Systeme. Doch in diesen Krisen liegt zugleich eine Chance: Der Mensch beginnt, sein Handeln neu zu entdecken, seinen Gestaltungsspielraum zu definieren. Der Einzelne bleibt gefragt. Ihn zu mobilisieren, ist eine der wichtigsten Aufgaben bei der Gestaltung künftigen Zusammenlebens. Die zehn von einer nominierenden Jury zur Teilnahme am 6. Körber-Foto-Award vorgeschlagenen Fotografinnen und Fotografen fanden zu sehr unterschiedlichen Auffassungen des Themas. Anja Engelkes sozialdokumentarisch angelegte Serie 'Die schönsten Tage' richtet den Blick auf das Urlaubsverhalten der deutschen Gesellschaft, während Katharina Gaenssler in ihrer zur Demontage freigegebenen Wandcollage 'Carte Blanche' den Ausstellungsraum selbst zum Thema macht. Die biografische Auseinandersetzung mit der eigenen Kindheit im Wechselspiel mit der Beobachtung grundlegender gesellschaftlicher Strukturen prägt die Arbeit 'Im Garten' von Johanna Manke. Mit ihrem Foto-Film 'Hiatus' bricht Liza Nguyen die Grenzen des Genres auf und schafft so einen bewusst narrativ gestalteten Blick in die Innensicht ihrer Protagonistin. Julian Röder dagegen zitiert in 'Human Resources' einen wirtschaftswissenschaftlichen Terminus und zeigt folgerichtig das Individuum als ununterscheid-baren Bestandteil des allgegenwärtigen Systems Markt. In 'Laute Stille' setzt Mona Simon die fotografische Beobachtung in Beziehung zu einem nicht-bildlichen Weltdeutungssystem indem sie Textfragmente aus Zeitungen und dem Internet ihren Aufnahmen gegenüberstellt. Seine eigene dokumentarisch geschulte Bildsprache kombiniert Andrzej Steinbach in 'Vergessen Sie nicht: Pompeji ging unter, als der verlachte Vesuv erlosch' mit gefundenem Bildmaterial des sozialen und gesellschaftlichen Lebens. Stark aus der individuellen Perspektive arbeitet wiederum Jan Stradtmann, der in seinen Porträts der Serie 'JETZT – Bright Before Me the Signs Implore Me' den Moment vor dem ersten Schritt inszeniert. Lorenz Straßls Miniatur-Bildräume in seiner Arbeit 'Werkmuseum' versinnbildlichen verschiedene Innenwelten und Lebensstationen eines gedachten Individuums, während Rivkah Young in 'Undine geht' eigene Familienbilder mit Aufnahmen aus eigenen und fremden Familienarchiven kombiniert und so einen Einblick in Selbstverständnis und (Selbst-)Darstellung von Frauen in ihrem gesellschaftlichen Umfeld gewährt. Die bewertende Jury verlieh Liza Nguyen den mit € 2.500 dotierten Körber-Foto-Award für ihre Arbeit 'Hiatus'.