Wilhelm Leuschner gegen Robert Ley
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„Die deutschen Arbeiter und ihre Gewerkschaften werden niemals die Ereignisse vergessen, die 1933 dazu geführt haben, dass Deutschland aus der Internationalen Arbeitsorganisation ausschied.“ Dies erklärte im Jahre 1953 der drei Jahre später zum DGB-Vorsitzenden gewählte Willi Richter als deutscher Arbeitnehmervertreter auf ihrer Jahrestagung, der internationalen Arbeitskonferenz. Zwei Jahre zuvor war die Bundesrepublik Mitglied dieser 1919 im Rahmen des Völkerbundes gegründeten, nun zur UNO gehörenden sozialpolitischen Organisation mit Sitz in Genf geworden. Zu ihrem organisatorischen Grundprinzip gehört die Teilnahme nicht nur von Regierungs-, sondern eben auch von Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern. Zwanzig Jahre zuvor, zu der im Juni 1933 stattgefundenen Konferenz, hatten die Nazis ein solches Arbeitnehmermandat den kurz zuvor verbotenen deutschen Gewerkschaften entzogen und es heuchlerisch für sich in Anspruch genommen. Als besonders perfides Mittel versuchten sie sogar, Wilhelm Leuschner als einen der prominentesten deutschen Gewerkschafter sowie einen Vertreter der christlichen Gewerkschaften als Bürgen für ihre angeblichen sozialpolitischen Neigungen einzuspannen. Doch dieses Manöver scheiterte: An den beiden Gewerkschaftern, die konsequent schwiegen, und am scharfen Protest der in Genf anwesenden Vertretern der internationalen Gewerkschaftsbewegung. Die bizarre Persönlichkeit des selbsternannten obersten Nazi- „Arbeiterführers“ Robert Ley tat das ihrige dazu. Diese Konferenz endete in einem Eklat. Die Nazi-Delegation musste Genf verlassen. Damit war einer der ersten internationalen Auftritte des „Dritten Reiches“ gescheitert: Aber nicht an Diplomaten, sondern am Widerstand der internationalen Gewerkschaftsbewegung. Ein halbes Jahr später ließ Hitler die Mitgliedschaft kündigen. Diese bisher wenig bekannte Episode ist hier zum ersten Mal umfassend dargestellt und mit Dokumenten der Konferenz beleuchtet.