Die Kategorie Zeit in der Geschichtsschreibung über das östliche Europa
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Viac o knihe
Das interdisziplinäre und international ausgerichtete Geisteswissenschaftliche Zentrum Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas an der Universität Leipzig erforscht in vergleichender Perspektive Geschichte und Kultur des Raums zwischen Ostsee, Schwarzem Meer und Adria vom Frühmittelalter bis zur Gegenwart. Ausgehend von ihrem Interesse an Geschichtspolitik und Erinnerungskultur hat Maria Todorova sich das Spannungsverhältnis zwischen dem Festhalten an überkommenen Geschichtsdeutungen und der gleichzeitigen Uminterpretation ausgewählter historischer Ereignisse und Prozesse in den postkommunistischen Gesellschaften Ostmittel- und Südeuropas zum Untersuchungsgegenstand genommen. Ihrem Interesse am Postkommunismus, jener so stark von der „Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen“ geprägten Traditionsphase, ist auch das Thema ihrer Oskar-Halecki-Vorlesung 2003 geschuldet: Die Kategorie „Zeit“, so ihre prononcierte Ansicht, ist der Schlüssel zum Verständnis der noch immer vorrangig als Narrativ der Rückständigkeit geschriebenen Geschichte des östlichen Europa. Ein diachroner, nicht ausschließlich synchroner Vergleich zeigt ihr zufolge, dass „lag und lack“ - „Hinterherhinken und Defizite“ - sich nur dann als gleichsam transzendente Charakteristika des östlichen Europa ausnehmen, wenn der Erkenntnisrahmen der Temporalität ausgeblendet wird. Dass diese starke These die Forschungsdiskussion auf längere Zeit hinaus deutlich beleben wird, kann als sicher angenommen werden.