Zwischen Klassenkampfbildung und Staatsbürgerbildung
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In der Weimarer Zeit stand die gewerkschaftliche Bildungsarbeit vor einer anderen Zielsetzung und einem anderen Aufgabenverstandnis als wahrend der Wilhelminischen Zeit. Die Stellung der Gewerkschaften hat sich unter der Einwirkung von Krieg und Revolution verandert und sie haben im neuen Staat eine Fulle offentlich-rechtlicher Aufgaben haben. Die gewerkschaftliche Arbeiterbildung wurden zu einer der Hauptstutzen der Erwachsenenbildung im Dienste der ersten deutschen Demokratie. Die Gewerkschaftsbildung versuchte, das Programm einer sozialistischen Klassenbildung mit dem Erfordernis einer Schulung fur bestimmte Praxisbereiche, in denen die Gewerkschaften und ihre Mitglieder tatig waren, zu verbinden. Die Berliner Gewerkschaftsschule entwickelte sich unter Frickes Leitung zu einer Art Laboratorium fur die Gewerkschaftsbildung, bis die Nationalsozialisten dieses Experiment 1933 gewaltsam beendeten. Wahrend die Arbeiterbildung zu Beginn der Republik von der Idee der Massenbildung und des politischen Kampfes gepragt war, gewann die Fachbildung fur Funktionare im Laufe der Stabilisierung der Gesellschaft zusehends an Prioritat. Die meisten Bildungsexperten der Arbeiterbewegung hielten es fur notwendig, auf die konkreten Anforderungen des Tageskampfes mit einer starker integrativ ausgerichteten Bildungsarbeit unter Mitwirkung staatlicher Organe zu antworten. Die Freien Gewerkschaften beteiligten sich an den Bildungsangeboten der staatlichen Bildungseinrichtungen bereitwillig und delegierten ihre Funktionare teilweise zur kommunalen Volkshochschule. Diese Studie zeigt, daß die praktische Arbeit ein anderes Bild bietet, als es auf Grund der theoretischen Auseinandersetzungen der damaligen Zeit zu erwarten ware. Es ware falsch, die Richtungsdiskussionen zwischen der Forderung nach praxisnahen Kenntnissen auf der einen Seite und dem Appell zur Entwicklung eines sozialistischen Bewußtseins bei den Massen auf der anderen Seite nur aus der Sicht der theoretischen Auseinandersetzung zwischen Massen- und Fuhrerbildung oder zwischen Integration und Emanzipation zu betrachten und so zu verkurzen. Fricke verstand Funktionarbildung und Massenbildung stets als eine sich erganzende Einheit und verknupfte funktionsbezogene und weltanschauliche Bildung im Werksalltag. Das gewaltsame Ende der Schule durch die Zerschlagung der Freien Gewerkschaften war keineswegs die Folge eines spezifischen Versagens, das der Arbeiterbildung angelastet werden konnte, sondern letztlich Ausdruck des Scheiterns der gesamten Arbeiterbewegung.