Negative Haftung aus Vertrag
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Viac o knihe
Seit der Einführung des § 284 BGB n. F. streitet die deutsche Rechtswissenschaft über die Kategorisierung der Sanktion des Aufwendungsersatzes - einer Sanktion, die von dem Paradigma abweicht, der Schadensersatz bei Verletzung einer wirksamen Obligation durch Nicht- oder Schlechtleistung habe darin zu bestehen, den Gläubiger vermögensmäßig in die Position zu versetzen, als sei ordnungsgemäß erfüllt worden. Helge Dedek untersucht, woher die Schwierigkeiten rühren, die das deutsche Zivilrecht bei der Konzeptualisierung einer nicht auf „positive“ Herstellung des hypothetischen Erfüllungszustandes gerichteten Vertragshaftung hat. Das anglo-amerikanische Recht kennt - zumindest als Alternative zum Ersatz des Nichterfüllungsschadens - eine vertragliche Haftung auf das „reliance interest“. Den Hintergrund dieser dogmatischen Entwicklung bildet eine Auffassung von Vertragsrecht, die die Diskurse zur Begründung vertraglicher Bindung und zur Bemessung von Schadensersatz nicht zwingend trennt. In Deutschland hat hingegen, trotz zahlreicher Theorien zur Rolle des „Vertrauens“ bei Vertragsbegründung, der Vertrauens-Topos für die Bemessung vertraglichen Schadensersatzes nie Bedeutung erlangt. Der Autor erläutert diese Entwicklung anhand einer Analyse, deren Schwerpunkt in der dogmengeschichtlichen Betrachtung der willenstheoretisch fundierten Neuorganisation des Vertragsrechts und vor allem der Reformulierung des Interessebegriffs im 19. Jahrhundert liegt. Die Entwicklung erweist sich als ein Prozess der Diskursverengung, in dem sich dogmatische Konstruktion als solche zu erkennen verlernt und so den Rückgriff auf eine interessengerechte Sanktion erschwert. Das Buch wurde mit dem Preis der Universitaetsgesellschaft fuer die beste Dissertation aller Fakultaeten 2006 ausgezeichnet.