Fruchtbarkeit? Erotik? Sex? Im alten Amerika
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Viac o knihe
Katalog zur Ausstellung „Fruchtbarkeit? Erotik? Sex? im Alten Amerika“ Bei Altamerika mag mancher an die „Roaring Twenties“, die goldenen Zwanzigerjahre des 20. Jahrhunderts in den USA denken. Al Capone, Ausschweifungen, Prohibition, ewiger Charleston und ellenlange Federboas. Aber halt! Weiter im Süden des amerikanischen Doppelkontinents stoßen wir schon Jahrhunderte und Jahrtausende früher auf eine bemerkenswerte Kultur des „Lasters“. So registriert der in Peru aufgewachsene spanische Geschichtsschreiber Garcilaso de la Vega el Inca (1539-1616) in seinem Werk „Comentarios reales“, dass der letzte Inkaherrscher Manco Cápac seine Untertanen zu mehr Disziplin in Geschlechtsdingen ermahnen mußte, denn “in der Sache mit den Frauen gehe es bei ihnen noch barbarischer zu als mit anderen Lastern”. Der ebenfalls indianischstämmige Chronist Felipe Huamán Poma de Ayala (1534?-1615?) spricht in seinem Werk „Nueva crónica y buen gobierno“ einerseits von drastischen Strafen für Ehebruch des indianischen Gesetzgebers selbst, andererseits von weit übers Ziel hinausschießenden „Vorsichtsmaßnahmen“ der spanischen Kolonisatoren und des Klerus im Königreich Peru, wenn es um den Spezialbereich Jungfernschaft geht. Doch was die einen als profanes Laster sehen, haben amerikanische Kulturen aus früheren Jahrtausenden möglicherweise als geheiligte Handlung empfunden. Das Stichwort ist hier: Fruchtbarkeit. So finden sich z. B. in der altperuanischen Kultur der Moche künstlerisch hochwertig gearbeitete Keramiken mit eindeutigen Darstellungen von Geschlechtspraktiken jeder Art. Diese als Grabbeigaben dienenden Tonwaren sind mit dem Bereich Fruchtbarkeit in Verbindung zu bringen, wobei die Fortpflanzung der Menschen als Sinnbild für die überbordende Fülle der gesamten Natur dient. Um denselben Inhalt geht es, wenn die Maya das Wort „Geburt“ durch eine Glyphe wiedergaben, in der ein aufgerichteter Frosch zu erkennen ist. Aus der sogenannten Chavín-Kultur kennen wir eine Darstellung, in der eine Kaiman-Gottheit das Grundnahrungsmittel Maniok ejakuliert. Die zumeist aus Mexiko stammenden „Pretty Lady“-Keramiken lassen den heutigen Betrachter allerdings manches Mal zweifeln, ob es nicht durchaus auch erotische Aspekte waren, die die anmutige Schönheit der tönernen Damen so und nicht anders haben hervortreten lassen… Sollte der Mensch vor 3000 Jahren in dieser Hinsicht völlig anders veranlagt gewesen sein? Mit der Sonderausstellung „Fruchtbarkeit? Erotik? Sex? im Alten Amerika“ präsentiert das Knauf-Museum Iphofen eine außergewöhnliche Auswahl indianischer Kunst, Pretiosen und Kuriositäten. Der Bogen spannt sich dabei über gut drei Jahrtausende und mehr als 30 verschiedene Kulturen. Für ein spannendes Kulturvergnügen der besonderen Art ist damit gesorgt.