Die Heilkunst als Vorbild in Platons Staatslehre und Ethik

Ethische Fragen, die man heute in der Medizin diskutiert, werden in der vorliegenden Untersuchung in Beziehung zu den Erörterungen des Zusammenhanges von Heilkunst und Gerechtigkeit in Platons Schriften gesetzt. Platon begründet und formuliert seine Gerechtigkeitsauffassung, wie die sorgfältige Auswertung der entsprechenden Texte erweist, weitgehend im Blick auf die Heilkunst. Vermittels der téchne-Analogie und der Einbindung in seine Seins- und Erkenntnisauffassung gelingt es Platon, die Eigentümlichkeit der Heilkunst im Unterschied zur Heilkunde zu begründen und insoweit die Besonderheit der Gerechtigkeit zu erweisen und auszuformulieren. Die Positionen Platons erweisen sich bei kritischer Prüfung als vorbildlich für die gegenwärtige, dringend aufzuhebende Verengung der medizinischen Tätigkeit auf ein heilkundliches Wirken. *************** In this study ethical questions which are raised in modern medicine are examined in the context of the discussion of the connection between the healing arts and justice in Plato’s writings. Careful evaluation of the relevant texts shows that Plato developed and formulated his conception of justice with significant reference to the healing arts. Through the techne analogy and its integration into his conceptions of being and knowledge, Plato succeeds in proving the unique characteristics of healing arts as opposed to medicine and similarly to prove and formulate the specific nature of justice. Critical examination demonstrates that Plato’s positions are exemplary for the current narrowing of healing activity to scientific medicine, which needs urgently to be halted.