Berufliches Selbstbild in Abhängigkeit vom Geschlechterverhältnis in einem Beruf
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Viac o knihe
Arbeitsmarktsegregation nach dem Geschlecht ist u. a. dadurch gekennzeichnet, dass Frauenberufe eine Reihe von Nachteilen aufweisen wie geringeres Einkommen, schlechtere Aufstiegschancen oder geringeres Prestige. Zudem nimmt mit steigender Hierarchieebene der Frauenanteil ab. In der Selbstkonzeptforschung wird seit einiger Zeit betont, dass der Kontext auf das Selbstkonzept einer Person einwirkt. Da die Arbeitswelt ein wichtiger Kontext ist, dem wir in unserem Leben ausgesetzt sind, ist anzunehmen, dass die geschlechtstypische Segregation des Arbeitsmarktes Auswirkungen auf das Selbstbild einer Person hat. Ziel der vorliegenden Untersuchung war es, den Zusammenhang zwischen der Geschlechtstypik eines Berufes und dem beruflichen Selbstbild aufzuzeigen. Berufliches Selbstbild wird dabei verstanden als die Vorstellung, die eine Person von sich selbst im Beruf hat, verbunden mit der Einschätzung der eigenen beruflichen Fähigkeiten. Als Beispiel für geschlechtstypische Berufe dienen der Beruf der Polizistin/ des Polizisten und der Grundschullehrerin/ des Grundschullehrers. Beide Berufe ähneln sich in wichtigen Merkmalen (Ausbildungsdauer, relativ klar definiertes Berufsfeld, Verdienst), unterscheiden sich jedoch in der Geschlechtstypik. Während der Beruf der Grundschullehrer/in ein typischer Frauenberuf ist, ist der Frauenanteil unter den Polizist/innen noch immer gering. Es wurden 88 männliche und 86 weibliche Polizisten befragt, die ein Studium an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung absolvieren sowie 21 männliche und 149 weibliche Grundschullehrer/innen im Referendariat. Zur Erfassung des realen und idealen beruflichen Selbstbildes wurde ein Fragebogen neu entwickelt und eingesetzt. Zudem wurden weitere Variablen des beruflichen Selbstbildes wie Geschlechter-Selbstkonzept, Karriereorientierung, berufliche Selbstwirksamkeit u. a. erfasst. Insgesamt weisen Personen im Frauenberuf in Variablen, die für eine erfolgreiche und zufriedene Berufsausübung wichtig sind, ein ungünstigeres Selbstbild auf als Personen im Männerberuf. So sind männliche und weibliche Polizisten mit ihrem Beruf zufriedener, fühlen sich weniger belastet und weisen ein höheres Selbstwertgefühl und eine höhere berufliche Selbstwirksamkeitserwartung auf. Sie verfügen über eine stärkere Karriereorientierung und sind optimistischer, was die Realisierbarkeit eines Karrierewunsches angeht. Berufsunterschiede im beruflichen Selbstbild sehen fast immer so aus, dass Polizist/innen ihre Fähigkeiten und Eigenschaften höher einschätzen als Grundschullehrer/innen. Es wird damit deutlich, dass die geschlechtstypische Arbeitsmarktsegregation neben ökonomischen auch psychologische Auswirkungen hat.