Wahrheit und Vergangenheit
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Im Frühjahr 2002 hielt der britische Philosoph Michael Dummett an der Columbia University die renommierten John Dewey Lectures, die über die Grenzen ihres Fachs hinaus eine prägende Wirkung entfaltet haben. Mit Wahrheit und Vergangenheit liegen Dummetts schon jetzt berühmte Dewey-Vorlesungen, ergänzt um zwei weitere Essays, nun auf deutsch vor. Im Zentrum dieses Buches, wie von Dummetts Philosophie überhaupt, steht die von Wittgenstein inspirierte überzeugung, daß sämtliche metaphysischen und erkenntnistheoretischen Probleme eigentlich semantische Probleme sind, die mit dem komplexen Verhältnis zwischen der Bedeutung, der Wahrheit und dem Verstehen von Aussagen zusammenhängen. In dieser Perspektive legt Dummett den defizitären Kern realistischer Bedeutungstheorien frei und entwickelt seine berühmte Alternative: den Antirealismus. Während Wahrheit für den Realisten letzten Endes durch einen Zustand in der »wirklichen Welt« verbürgt wird, der unabhängig von menschlichem Sprechen und Denken besteht, ist Wahrheit für Dummett das, was kompetente Sprecher je aktuell zu wissen und zu rechtfertigen imstande sind. Da Wahrheit in diesem Sinne jedoch eine radikal auf die sprachliche Gegenwart bezogene Angelegenheit ist, scheint der Antirealist gezwungen, die Wahrheit der Vergangenheit zu leugnen und Aussagen über die Vergangenheit als bedeutungslos zu klassifizieren – eine überaus kontraintuitive Konsequenz. In den konzentriert und elegant geschriebenen Essays dieses Bandes zeigt Dummett, wie sich Aussagen über die Vergangenheit dennoch in eine antirealistische Semantik integrieren lassen und welche Folgen dies für das große Projekt einer Metaphysik der Zeit hat.