Die Berücksichtigung von Steuern in der Kapitalmarkttheorie

Nicht zuletzt wegen der Komplexität der internationalen Finanzmärkte muss die Kapitalmarkttheorie mit zum Teil wenig realistischen Prämissen arbeiten. Ausgehend von ihren somit nur in einem engen Prämissenrahmen gültigen Resultaten kann dann untersucht werden, wie sich die Aufhebung der einzelnen Voraussetzungen auswirkt. Die zentrale Frage dieser Arbeit ist, wie die theoretischen Ansätze erweitert werden müssen, wenn die Annahme, dass Kapitalerträge nicht besteuert werden, fallengelassen wird. Sowohl zur Portfolio-Selektion als auch zum Kapitalmarktgleichgewicht sind bereits derartige Modelle entwickelt worden. Da diese aber alle dem amerikanischen Schrifttum entstammen, drängt sich die Frage auf, ob ihre Anwendbarkeit auf den deutschen Kapitalmarkt ohne weiteres gegeben ist. Es lassen sich zwar wichtige Parallelen zwischen den Steuersystemen in den USA und in Deutschland feststellen, jedoch existieren auch einige Unterschiede, die die Verfolgung dieser Frage interessant und sinnvoll erscheinen lassen. Die beiden hauptsächlichen Anliegen dieser Dissertation können somit folgendermaßen zusammengefasst werden: 1. Sie soll dem Leser erstens einen umfassenden Eindruck von den Möglichkeiten geben, Steuern in die Kapitalmarkttheorie zu integrieren. 2. Die Untersuchung soll ferner die Schwierigkeiten einer Anwendbarkeit in Deutschland aufzeigen. Worauf muss ein deutscher Investor achten, wenn er seine Anlageentscheidung mit Hilfe der Steuer-Kapitalmarkttheorie treffen möchte? Zu diesem Zweck werden zunächst die Kriterien der Portfolio-Auswahl charakterisiert, um dann zu untersuchen, wie sie sich aufgrund der Besteuerung verändern und wie die Anleger darauf reagieren. Die gewonnenen Ergebnisse erweisen sich als komplex und vielschichtig, insbesondere deswegen, weil die einzelnen Charakteristika von Steuertarifen nicht isoliert auftreten, sondern sowohl miteinander als auch mit den verschiedenen Formen der Risikoneigung der Investoren auf unterschiedliche Weise interagieren. Diese Vielfalt der möglichen Steuerwirkungen macht ersichtlich, warum die Kapitalmarkttheorie - und insbesondere ihre Erweiterung um Steuereffekte - mit Vereinfachungen arbeiten muss.