Der Einfluss des Patientenalters auf hausärztliche Entscheidungsprozesse bei der Behandlung depressiver Störungen
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Viac o knihe
Diese Dissertation ist innerhalb des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Graduiertenkollegs: „Psychiatrie und Psychologie des Alters“ entstanden. Ausgangspunkt der Arbeit war die vielfach berichtete geringe Erkennungs- und Behandlungsrate von depressiven Störungen vor allem im hausärztlichen Versorgungsbereich. Untersuchungen zum Prozess ärztlicher Therapieentscheidungen (medical decision making) legen nahe, dass neben medizinischen Aspekten auch Attributionen und Einstellungen von Ärzten eine große Bedeutung haben. So wird in der Literatur diskutiert, dass das so genannte „negative Altersstereotyp“ dazu führt, dass Depressionen bei alten Menschen nicht erkannt und nicht adäquat behandelt werden. Auf diesen Hintergrund wurde in der vorliegenden Studie untersucht, welchen Einfluss das Patientenalter auf die hausärztliche Diagnostik, die Symptomwahrnehmung und die Therapiewahl hat. 121 Hausärzte aus Berlin nahmen an einer experimentellen Untersuchung teil. Um den Einfluss des Patientenalters auf ärztliches Diagnostik- und Therapieverhalten zu messen, wurden den Hausärzten zwei Fallvignetten einer depressiven Erkrankung vorgelegt, die sich nur in einem Detail unterschieden: dem Patientenalter (81 Jahre vs. 39 Jahre). Die Ärzte wurden dann zu ihrer Falleinschätzung und ihren Behandlungsvorschlägen befragt. Unterschiede in der Beurteilung der Fälle waren direkt dem Altersunterschied zuzuschreiben. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigt eine unterschiedliche Bewertung gleicher Fallvignetten in Abhängigkeit vom dargebotenen Patientenalter. Die Ursache hierfür könnte in der komplexeren diagnostischen Aufgabe bei älteren Patienten liegen. Hier besteht ein Handlungsbedarf, um die ärztliche Versorgung von älteren Patienten zu verbessern.