Die Tiere der Gesellschaft
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Rainer Wiedenmann untersucht historisch soziologisch, wie sich die Muster im menschlichen Umgang mit Tieren und die sie stützenden Semantiken historisch veränderten. In drei Fallstudien analysiert er exemplarisch die humanimalischen Beziehungen. Methodisch handelt es sich dabei um wissenssoziologische Studien, die ideengeschichtlich-hermeneutisch angelegt semantische Muster auf die sie prägenden sozialen Strukturbedingungen und gesellschaftlichen Wandlungsprozesse beziehen. Der Autor beschreibt sozialtheoretisch die langfristigen Veränderungen und die Ambivalenzen des Verhältnisses und zeigt, wie soziale Differenzierungsprozesse in westlichen Ländern mit der Polarisierung der Beziehungen zu Tieren einhergehen. Das Verhältnis zum Heimtier beispielsweise kennzeichnen Bezüge zur modernen Liebessemantik, während Nutztiere einer versachlichenden Tierkonstruktion unterworfen werden. In der ersten von drei Fallstudien untersucht Rainer Wiedenmann den soziokulturellen Zusammenhang, in dem Tierbestattungen und -friedhöfe etabliert werden und zunehmend Verbreitung finden. Er beschreibt die rituellen Handlungsmuster, skizziert sie als neuen Totemismus und unterscheidet zwei Typen von Grabstätten. Dabei zeigt er, wie eng die semantischen Veränderungen mit dem Wandel privater Lebensformen korrespondieren. In der zweiten Fallstudie beschäftigt sich der Autor mit der modernen Tierschutzsemantik. Ausgehend vom Verhältnis zum Tier in frühneuzeitlichen Volkskulturen und der höfischen Jagd untersucht er, wie sich im protestantischen Milieu das Verständnis von Tieren als Mitgeschöpfen entwickelte. Schließlich beschreibt er die Entwicklung der Idee des Tierschutzes im 18. und 19. Jahrhundert. Nach einer Darstellung tierbezogener Aspekte von Morus' Kritik der zeitgenössichen Einhegungen werden im abschließenden Beitrag die epistemologischen VorausSetzungen und der schöpfungstheologische Kontext seiner tierfreundlichen Natur und Tierkonzeption behandelt und die in „Utopia“ enthaltenen Stellungnahmen zur Tierseele sowie seine Jagdkritik analysiert.