Von allen guten Geistern verlassen? - Guinea-Bissau
Autori
Viac o knihe
Die Entwicklungsanstrengungen der vergangenen Dekaden im subsaharischen Afrika sind weitgehend gescheitert und haben zur Ausgliederung aus dem Weltmarkt, zu De-Investition und Entkapitalisierung geführt. Destrukturierung der wirtschaftlich produktiven Organisationen, tendenzielle Zerlegung der ländlichen Lebenseinheiten, zunehmender Verlust von Produktions- und Organisationswissen und Verlust von Sozialisationspotential führen in eine abwärts gerichtete Spirale. Der Autor der vorliegenden Studie stellt die Frage, ob die internationale Entwicklungshilfe zu diesem umfassenden gesellschaftlichen Zusammenbruch beigetragen hat. Mit dem Begriff der „dissipativen Ökonomie“ bezeichnet er einen Wirtschaftstypus, der dadurch gekennzeichnet ist, dass - in einem multilinearen, diskontinuierlichen Prozess - in das offene System lokaler Ökonomien externe Ressourcen hineingepumpt und dort verschwendet werden. Diesen Zusammenhang und seine gesellschaftlichen Folgen arbeitet er exemplarisch am Beispiel Guinea-Bissau heraus. Die Hauptsorge der nach einem langen Unabhängigkeitskrieg an die Macht gelangten politischen Führung in Guinea-Bissau galt nicht dem effizienten Aufbau produktiver und organisatorischer Kapazitäten, sondern der Herrschaftssicherung und internen Kontrolle. Mittelzuflüsse im Rahmen diverser, kaum aufeinander abgestimmter Entwicklungsprojekte wurden in stets wachsenden Anteilen von den Angehörigen der Zentralgesellschaft angeeignet. Zugleich bewirkten aber soziale und kulturelle Sekundäreffekte der Entwicklungshilfe eine allmähliche Destabilisierung der Agrargesellschaften. Die Entwicklungsagenturen waren Ausgangspunkt und hauptsächlicher Mechanismus dieser „dissipativen Ökonomie“. Das als Industrialisierung aufgefasste postkoloniale Modernisierungsprojekt, das in der Aufstellung von Industriestruktur bestand, der quasi-magische Wirkung bei der Produktion von Reichtum zugeschrieben wurde, scheiterte vollständig. Zerfallstendenzen der urbanen Peripherie, die Auffangbecken für die zerfallenden Agrargesellschaften ist, trugen ihrerseits wieder zur Destabilisierung der Zentralgesellschaft und ihrer politischen Strukturen bei. Der allmähliche Zusammenbruch der politischen Strukturen spitzte sich zu in einem Putsch mit anschließendem Bürgerkrieg unter Einbeziehung von Truppen der Nachbarländer. Dieser Krieg zog wiederum die Agrargesellschaften - die Sozialorganisationen mit immer noch produktiver Orientierung - in Mitleidenschaft, denn durch die Beherbergung von Kriegsflüchtlingen wurden sie in ihrer Überlebensfähigkeit getroffen.