Emil Rosenow in Chemnitz
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In der deutschen Literaturgeschichte gibt es nicht wenige Schriftsteller, die unverdient der Vergessenheit anheim gefallen sind. Emil Rosenow gehört zu ihnen, wenngleich er in literarhistorischen Darstellungen jüngeren Datums gelegentlich noch Erwähnung findet. Während ihn die einen als Vertreter der naturalistischen Heimatkunst ansehen, zählen ihn andere zu den „bekanntesten sozialistischen Dramatikern der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg“. Einig sind sie sich jedoch in der Beurteilung der Tatsache, dass Rosenows Dramen „Die im Schatten leben“ (1899) und „Kater Lampe“ (1902) auf deutschen Bühnen mit einigem Erfolg inszeniert wurden. Dass Rosenow darüber hinaus auch als politisch engagierter Publizist und als Redakteur der in Chemnitz herausgegebenen sozialdemokratischen Zeitung „Beobachter“ gewirkt hat, wird allerdings kaum noch beachtet. Die Chemnitzer Jahre Emil Rosenows (1892 - 1898) zum Gegenstand dieser Studie zu machen, versteht sich demzufolge als ein Beitrag, die benannten Lücken in der Literaturgeschichtsschreibung schließen zu helfen, zumal gerade diese Zeit zu der produktivsten in seinem literarisch-publizistischen Gesamtschaffen gehört hat. Aber auch die Stadt seines Wirkens selbst beansprucht Interesse, und zwar nicht nur im Hinblick auf den Erfahrungsgrund für seine Dramen, Erzählungen und journalistischen Arbeiten, sondern gleichsam als Ort des literarischen Lebens, an dem sich Autoren versammelt haben, wo unter ganz spezifischen regionalen und lokalen Bedingungen Literatur vertrieben, gekauft, gelesen und gespielt wurde, wo die Menschen ins Theater, Museum oder Konzert gingen und wo sie arbeiteten, wohnten und ihre Freizeit gestalteten. Dabei ist das literarhistorische Interesse an Chemnitz weniger von dem Zufall geleitet, dass es Rosenow hierhin verschlagen hatte, sondern vielmehr von dem Umstand, dass sich die auch als „sächsisches Manchester“ bezeichnete Stadt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einem markanten industriellen Zentrum in Deutschland entwickelte, das eine ihm gemäße kulturelle „Infrastruktur“ hervorbrachte, die vielfach anders beschaffen war als in den bekannten literarischen Zentren und Kunstmetropolen des Deutschen Reiches. Autoren wie Emil Rosenow und Paul Göhre, Anton Ohorn, Friedrich Kurt Benndorf, Theodor Gampe und Otto Thörner haben sie erlebt und von zum Teil sehr unterschiedlichen politischen und ästhetischen Positionen aus mitgestaltet. Wenn also von Emil Rosenow und dem literarischen Leben in Chemnitz die Rede ist, dann in dem Verständnis, sich aus der historischen Distanz von heute auf das Terrain einer literarischen Region oder „Provinz“ zu begeben, das die etablierte Literaturhistoriographie bisher ebenfalls weitgehend gemieden hat.